Leverkusen Eklat um Ausstellung zum Ersten Weltkrieg

Leverkusen · Im Streit mit den Geschichtsvereinen hat der Experte Dr. Hans-Jürgen Dorn seine Exponate seit Monatsbeginn zurückgezogen.

 So werben die Geschichtsvereine für die Ausstellung.

So werben die Geschichtsvereine für die Ausstellung.

Foto: Redaktion

Hunderte Exponate zum Ersten Weltkrieg aus der Leverkusener Gegend - nicht selten durch ihre Intimität überraschend: Die Ausstellung in der Villa Römer, die der Bergische Geschichtsverein Abteilung Leverkusen-Niederwupper (BGV) und die Stadtgeschichtliche Vereinigung Leverkusen (StV) in Zusammenarbeit mit Stadtarchiven seit Februar in der Villa Römer präsentieren, hat viel Lob bekommen.

 Dr. Hans-Jürgen Dorn mit Exponaten.

Dr. Hans-Jürgen Dorn mit Exponaten.

Foto: MIserius (ARchiv)

Doch jetzt ist um die Werkschau ein Streit ausgebrochen: Der pensionierte Leverkusener Studienrat Dr. Hans-Jürgen Dorn, der etwa die Hälfte der Exponate zur Ausstellung beisteuerte und auch den viel beachteten Eröffnungsvortrag "Heimatfront im Bergischen Land" hielt, hat zu Beginn des Monats einen Großteil seiner Objekte aus den Vitrinen und von den Wänden der Villa genommen, obwohl die Schau noch bis Sonntag läuft. Daraufhin haben ihm die Geschichtsvereine vorläufig Hausverbot erteilt.

Dorn ist bitter enttäuscht und fühlt sich hintergangen. Grund: ein Katalog, der die Ausstellung thematisch einordnen und begleiten sollte, der aber nie erschienen ist. Dorn vermutet, die Vereine hätten sich schlichtweg die Kosten sparen wollen und schildert die Abläufe, so wie er sie empfunden hat, minutiös.

Ihm zufolge sollte das Buch zwar laut Vereinbarung nicht aufwändig gestaltet werden, aber zügig erscheinen, da es als "unverzichtbarer Begleiter für die Ausstellungsbesucher" gedacht war. Er habe auch jede Menge Material geliefert - ein Layout sei jedoch nicht erstellt worden. Als Dorn drei Monate nach Ausstellungsbeginn feststellen musste, "dass nichts fertiggestellt worden war", setzte er ein Ultimatum: Sollte bis zum 15. Juli immer noch kein Katalog vorliegen, werde er seine Exponate zurückziehen. So geschah es am 1. August - dabei hätten ihn Mitarbeiter der Geschichtsvereine auch noch behindert, wie Dorn betont. Er selbst habe das Katalogprojekt immer als unverzichtbar angesehen, sagte er gestern gegenüber unserer Zeitung: "In der Ausstellung liegen Objekte, die ohne Einordnung fast wertlos sind, mit Dokumentation aber Juwelen." Wie etwa die mit Malereien versehenen Aufzeichnungen eines Kriegsteilnehmers, die neben einem Sanitätsbesteck ausgestellt sind. "Der Mann wurde früh verwundet und hat dann als Sanitäter gearbeitet", berichtet Dorn. Die Tochter habe ihm die Fundstücke geliehen, im Vertrauen darauf, dass sie in den entsprechenden Kontext gestellt werden. "Und dann geschieht einfach nichts", ereifert sich der Leverkusener Geschichtsexperte.

Unterstützung erhielt er gestern von Prof. Dr. Nicolas Apostolopoulos. Der Wissenschaftler ist Leiter des Centers für Digitale Systeme an der Freien Universität Berlin und erstellt gerade eine Online-Enzyklopädie des Ersten Weltkrieges. Er sagte unserer Zeitung auf Anfrage: "Gerade solche Ausstellungsstücke von Privatleuten müssen in einen Kontext gestellt werden, sonst bleiben sie beliebig." Wem die Kosten für einen Hochglanzkatalog zu teuer seien, der könne eine solche Einordnung auch digitalisiert im Internet vornehmen - "aber erstellt werden sollte sie unbedingt".

In einer Stellungnahme auf Anfrage unserer Zeitung drehten Reinhold Braun (Bergischer Geschichtsverein) und Gabriele Pelzer (Stadtgeschichtliche Vereinigung) gestern den Spieß um: Darin heißt es, Dorn habe Texte wenig geordnet und nicht rechtzeitig an die Layouterin gegeben: "Seine Änderungswünsche hat er gar nicht oder nur mit Verzögerung bekannt gegeben, Fragen nicht beantwortet." Zudem hätten Angaben unter anderem zu Leihobjekten gefehlt: "Die Hauptverantwortung dafür, dass der Katalog nicht fertiggestellt werden konnte, liegt bei Dr. Dorn."

In einer aktuellen Pressemitteilung der Vereine zum Ausstellungsende findet sich indes kein Wort darüber, dass die Präsentation quasi halbiert ist. Es wird nur vermeldet: "Der für Samstag vorgesehene Vortrag von Dr. Hans-Jürgen Dorn ,Der Weltkrieg und die Folgen' entfällt."

(RP)
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