Leverkusen Erschütternd gut: "Mutterseelenallein" auf der Studiobühne

Leverkusen · Im Künstlerbunker in Opladen feiert das Theaterstück von Peter Hathazy morgen Abend Premiere und überzeugt durch gutes Schauspiel.

 Das Elend des Alters berührend inszeniert und durch heitere Momente gebrochen: Das Stück "Mutterseelenallein" läuft im Künstlerbunker.

Das Elend des Alters berührend inszeniert und durch heitere Momente gebrochen: Das Stück "Mutterseelenallein" läuft im Künstlerbunker.

Foto: Uwe Miserius

Bei einer Generalprobe darf es Pannen geben, aber keinen Applaus. Das bringt Unglück verkündete Regisseur Simon H. Kappes bei der letzten Probe, die in der Studiobühne traditionell vor Publikum (Bunker-Künstler Mitglieder des VHS-Theaterkurses) stattfindet. Doch nach dieser Produktion kann man eigentlich nicht anders als die aufgestauten Emotionen durch kräftiges Klatschen loszulassen. Abgesehen davon, dass die absolut starken Darsteller ihre Rollen in geradezu erschütternder Weise verinnerlicht haben.

Das Theaterstück "Mutterseelenallein" von Peter Hathazy ist harter Tobak und betrifft einfach jeden. Im Mittelpunkt stehen zwei alternde Menschen, denen nach und nach abhanden kommt, was sie einst ausmachte. Da wird nichts ausgelassen, was Menschen an ihrem Lebensende zustoßen und sie verändern kann. Pflegebedürftigkeit durch ein offenes Bein und fortgeschrittene Krebserkrankung oder die Altersdemenz in all ihren Krankheitsstadien.

Erich Schreiner gibt den aktiven Ehemann, einen Macho und Macher, der es gewohnt ist, dass man seinen Befehlen gehorcht. Und der nun mit dem raschen körperlichen Verfall klarkommen muss. Der sich immer häufiger mit seiner Frau streitet, weil er deren Vergesslichkeit als Angriff versteht und nicht als Krankheit. In der Rolle dieser früher hübschen Frau, der einst als Tänzerin alle zu Füßen lagen, geht Rena Charié völlig auf. In den gut zwei Stunden verliert sie sich allmählich, bis sie am Ende als zitterndes Häufchen Elend mit leerem Blick da sitzt, wahrlich kein Happy End. Sie verzweifelt, weil sie anfangs sehr wohl registriert, dass ihr "Kopf leerläuft". Nach dem Tod des Mannes schreitet die Demenz schnell voran, sie fühlt sich "Mutterseelenallein".

Tatsächlich kümmert sich der 50-jährige Sohn - von Stephan Schindler absolut natürlich und überzeugend gespielt. Er versucht sie zu aktivieren, besorgt nach die nötigen Hilfen, bis er selbst nicht mehr kann und die Mutter gegen ihren Willen ins Heim gibt. Dann ist auch er mutterseelenallein.

Die Nachbarin, wunderbar interpretiert von Monika Hillen, war in guten Zeiten mit der Mutter befreundet und kümmert sich nun. In erster Linie aber kommentiert, wertet und richtet sie über alles, was sie in der Wohnung gegenüber beobachtet. Da wird jedes Klischee von der tratschenden, perfekten Hausfrau bedient. Bis man erfährt, dass auch sie ihr Päckchen zu tragen hat, denn sie "erlöste" ihren todkranken Mann mit einer Medikamentenüberdosis.

Nun wäre diese berührende Inszenierung vom Elend des Alters kaum zu ertragen, würden die nicht immer wieder humorvoll gebrochen. Im Publikum wird erstaunlich oft gelacht, wenn auch nur für kurze Zeit. Anders als sonst ging es in den Pausengesprächen tatsächlich nur um das Thema Alter und Tod, zu dem jeder eigene Erfahrungen hat.

Aufführungen im Künstlerbunker Karlstraße 9 am 29. Oktober, 4., 5., 11., 12., 18., 19., 24., 25. November, 1., 2., 9., 10., 15., 17. Dezember, Beginn Fr. und Sa. 20 Uhr, So. 18 Uhr. Eintritt zwölf, ermäßigt sechs Euro.

(mkl)
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