Leverkusen Finanz-Beziehung "Stadt-Großindustrie" löst sich auf

Leverkusen · 2014 sind die Gewerbesteuereinnahmen in Leverkusen dramatisch gesunken; Eingeplant waren 74 Millionen Euro, tatsächlich an die Stadtkasse überwiesen wurden von den Unternehmen nur 25 Millionen Euro. Daran erinnert Finanzdezernent Frank Stein in dem jetzt vorgelegten Jahresabschluss für 2014, um festzustellen:

"Der Zusammenbruch der Gewerbesteuer hat seine Gründe in der Wirtschaftsgeschichte und -struktur der Stadt Leverkusen. Eine über mehr als ein Jahrhundert währende symbiotische Beziehung zwischen der Stadt und der Großindustrie löst sich - zumindest in fiskalischer Hinsicht - vollständig auf, und es wird eine Generationenaufgabe sein, an diese Stelle eine andere, ebenso nachhaltige Finanzierungsbasis für unser Gemeinwesen zu setzen."

Die Stadt weist im Jahresabschluss 2014 eine Bilanzsumme von 1,425 Milliarden Euro aus. Das Jahresminus betrug rund 57 Mio Euro, eingeplant waren nur 32 Mio Euro. Vergangenes Jahr musste die Stadt aber auch "an eine Leverkusener Firma" 20 Mio Euro Steuern zurückzahlen, berichtete Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn unlängst.

Zudem wachsen die Sozialausgaben. Vergangenes Jahr betrugen sie in Leverkusen 105 Millionen Euro. "Die sozialen Transferleistungen sind geprägt durch einen stetigen Zuwachs in den Bereichen Langzeitarbeitslosigkeit, Hilfe zur Pflege und Jugendhilfe und durch eine exponentielle Zunahme der Flüchtlingszahlen", notierte Stein in seinem Schlusswort zum Jahresabschluss. Gerade die Flüchtlingsversorgung bringe "nicht nur erhebliche fiskalische Belastungen mit sich (für 2015 plant die Stadt eigene Ausgaben von 11 Mio. Euro ein), sondern stellt darüber hinaus eine sehr große operative Herausforderung für die hiermit operativ betrauten Fachbereiche dar".

Dazu kamen laut Stein weitere Zahlungen von rund 37 Millionen Euro an den Landschaftsverband Rheinland, der auch fast nur für soziale Leistung da sei. Der Rechnungsprüfungsausschuss (Vorsitz: Erhard Schoofs) wird dem Oberbürgermeister und dem Finanzdezernenten trotzdem "Entlastung" erteilen. Bemerkenswert ist in dem über 500-seitigen Prüfbericht die Darstellung über die Verringerung des städtischen Eigenkapitals, aus dem das Minus von 2014 gedeckt wurde: Das Eigenkapital beträgt jetzt noch 291 Mio Euro. Seit 1. Januar hat es sich laut Stadt "nahezu halbiert". Es liegt damit wesentlich unter dem Durchschnittswert.

Kritisiert haben die Prüfer des Etats, dass die Stadt Ende 2014 an 21 Tagen den Höchstbetrag für Kredite (280 Mio Euro) um neun Mio Euro überzogen hatte. Allerdings: Gleichzeitig hatte die Stadt 33 Mio Euro als Festgeld angelegt. Für diese Situation hätte es aber einen Ratsbeschluss in Form eines "Nachtragshaushaltes" geben müssen.

(RP)
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