Leverkusen Flüchtling dreht Film über Unterkunft

Leverkusen · Wie es in der Flüchtlingsunterkunft Görresstraße zugeht, die seit Oktober 2015 von der Awo geführt wird, zeigt ein Film. Gedreht hat ihn der irakische Filmemacher Adnan Salar, der hier mit seiner Frau und zwei Kindern seit Januar lebt.

 Filmemacher Adnan Salar drehte in "seiner" Flüchtlingsunterkunft Görresstraße einen Film, in dem auch seine Frau und die Kinder Rollen spielen.

Filmemacher Adnan Salar drehte in "seiner" Flüchtlingsunterkunft Görresstraße einen Film, in dem auch seine Frau und die Kinder Rollen spielen.

Foto: Miserius

Im Irak hat Adnan Salar schon 16 Jahre lang als Filmemacher gearbeitet und damit den Lebensunterhalt für die Familie verdient. Am 30. Dezember ist er nach einer abenteuerlichen Flucht mit seiner Frau und den beiden Kindern in der Flüchtlingsunterkunft Görresstraße angekommen. Hier hat er einen informativen Film über die Einrichtung und ihre Bewohner aus diversen Ländern gedreht. Aus zwei Gründen. Einmal aus Dankbarkeit für die gute Betreuung durch die Arbeiterwohlfahrt (Awo), die das Heim Görresstraße mit bis zu 500 Menschen seit Oktober betreut.

"Ich bin sehr zufrieden, man respektiert uns, wir wurden gut aufgenommen", übersetzt der Dolmetscher des Integrationsrates. Mit seiner Dokumentation will Salar neuen Flüchtlingen zeigen, wie die Realität hier aussieht, mit allem Positiven und den Problemen. Es sei für alle schwer, in einer vollkommen fremden Kultur zurechtzukommen. "Manche Leute leiden darunter."

Und natürlich unter der Enge. Der Film gestattet nämlich einen Blick in die ehemaligen Klassenzimmer, in denen Etagenbetten für bis zu 20 Personen stehen. Mit Tüchern zugehängt, um wenigstens etwas Privatsphäre zu schaffen. Auch wenn alleinreisende Männer und Familien voneinander getrennt untergebracht werden, sind Konflikte programmiert. Zumal die Wartezeit bis zur ersten Anhörung lang wird.

Und jeder Einzelne die Erlebnisse der Flucht zu verarbeiten hat. Auch Adnan Salar und seine Familie, die 22 Tage unterwegs war. Aus Kurdistan in die Türkei geflohen und von dort mit einem kleinen Boot nach Griechenland übergesetzt ist - im einzigen von drei gleichzeitig gestarteten Schiffen, das heil ankam. Die beiden Anderen sind unterwegs gesunken, alle Passagiere ertrunken. Seine Kinder malen bis heute Bilder von diesem schrecklichen Erlebnis. "Ich möchte mich gar nicht daran erinnern": Das ist Salars Art damit umzugehen. "Die schlimmen persönlichen Geschichten nehmen einen sehr mit", sagt Petra Jennen, die Leiterin des Awo-Flüchtlingsheims. "Man muss aufpassen, dass man nicht zu sehr daran rührt." Jennen kommt im Film auch gleich als erste Person zu Wort. Dann schwenkt die Kamera in den Raum, in dem die Kinder spielen, singen und Deutsch lernen. Drei Mal pro Woche unterrichtet eine ehemalige Lehrerin ehrenamtlich die Größeren. Manche Flüchtlingskinder haben schon zwei Jahre keine Schule besucht. Kinder und Jugendliche spielen am liebsten Fußball, Basketball und Handball. Beliebtes Angebot für die Mütter ist das Frauencafé, in dem nicht nur Kuchen gegessen und geklönt, sondern auch Kleidung genäht wird. Sogar im Winter kamen einige nur mit Flipflops und T-Shirt bekleidet an. In der Kleiderkammer, wo Ehrenamtler Spenden aus der Bevölkerung ausgeben, gibt es Passendes. Der Film zeigt die Küche, in der Flüchtlinge zu Festen Speisen nach Rezepten aus der Heimat zubereiten. Es gibt einen medizinischen Dienst, eine selbst organisierte Wäscherei, Yogakurse, Feiern und wöchentliche Kinotage. Auf die Idee zum Film kam Awo- Geschäftsführer Manfred Hans, weil sein Sohn in dem Metier tätig sei und das nötige Equipment zur Verfügung stellte. Mit Adnan Salar hatte man ja einen Fachmann vor Ort.

Bisher gibt es den Beitrag in deutscher Sprache und in Farsi, Arabisch und Englisch, jeweils mit Untertiteln. "Ich wünschte, dass die ganze Welt den Film sieht, damit alle sehen, was Deutschland für Flüchtlinge tut", sagt Adnan Salar, der hier in seinem Beruf so erfolgreich sein möchte, dass er es zum Filmfestival in Cannes schafft.

(mkl)
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