Leverkusen Flüchtlinge: Stadt sucht verzweifelt Wohnraum

Leverkusen · Leverkusen wird 2015 bis zu 1400 Flüchtlinge aufnehmen müssen. Die Stadt überprüft weitere Containerstandorte.

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte
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Foto: dpa, rwe lof

Eines war gestern bei der Stadtverwaltung und bei der Mehrheit der Stadträte spürbar: Alle engagieren sich, um Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterkunft in Leverkusen bieten zu können. Da die Prognosen über die tatsächliche Zahl der Neuankömmlinge täglich nach oben korrigiert werden, geht die Stadt für dieses Jahr nicht mehr von 900 zugewiesenen Flüchtlingen, sondern von 1400 aus.

Die Folgen: "Wir überprüfen in jedem Stadtteil, ob dort noch Flächen für Containersiedlungen verfügbar sind", betonten gestern Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn, Sozialdezernent Markus Märtens und Finanzdezernent Frank Stein in einem Pressegespräch. Das Land NRW selbst plane inzwischen die Belegung von Turnhallen als Regelunterbringung ein. Zudem sollen "Zelthallen" entstehen. "Mit uns wird es das,wenn es sich irgendwie vermeiden lässt, nicht geben", betonte Buchhorn, der vergangene Woche zum Flüchtlingsgipfel bei Innenminister Ralf Jäger war.

Der Zwang Leverkusens Stadtspitze kündigte aber an, dass man irgendwann auch Bürgerhäuser mit Flüchtlingen belegen müsse. Auch die Beschlagnahmung von Privatgelände wird in Leverkusen nicht mehr ausgeschlossen.

Die Beschlüsse Gestern entschied der Stadtrat in Küppersteg, in der Waldsiedlung und in Lützenkirchen neue Container-Siedlungen zu bauen. Der Flüchtlingsstandort in Manfort, Josefstraße, wird auf 180 Plätze aufgestockt. Speziell zum Altlasten-Standort in Küppersteg an der Gisbert-Kremer-Straße gab es intensive Nachfragen der Politiker, ob die Flüchtlinge nicht doch durch die dort vor vielen Jahren gefundenen Schadstoffe (speziell Blei) gesundheitlich gefährdet würden.

Keine Gefahr Amtsarzt Dr. Martin Oehler und sein Chef Dr. Hans-Eckard Linstaedt garantierten: "Eine Gesundheitsgefahr ist definitiv auszuschließen." Dies sei einmütige Auffassung des städtischen medizinischen Dienstes.

Selbst wenn Kinder punktuell mit dem belasteten Boden in Kontakt kämen, könne eine Vergiftung nicht vorkommen, da Blei höchstens chronische Wirkung entfalte, keine akute. Diese Gefahr bestehe aber wirklich nicht. Zudem werde der Boden auf dem "hochbelasteten" ehemaligen Sportplatz ("einige tausend Milligramm Blei") und im weniger vergifteten Grünbereich ausreichend dick abgedeckt. Dies sei keine Sanierung, aber eine ausreichende Absicherung.

Der Boden im Bereich der Grünzone sei so wenig belastet, dass davon selbst ohne Absicherung mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit keine Gesundheitsgefahr ausgehe, garantierte Oehler.

Die Finanzen Die hohe Zahl der Flüchtlinge trifft die Stadt Leverkusen finanziell sehr hart. Für nächstes Jahr geht Finanzdezernent Stein von rund 28 Millionen Euro aus, die für die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge zu zahlen seien. Da das Land NRW sich nur zehn Prozent der Kosten trage, bleiben an der Stadt 25 Millionen Euro hängen.

Die Furcht Buchhorn befürchtet angesichts der Summe, dass die Willkommenskultur bei den Menschen in Leverkusen in eine "Abwehrhaltung" umschlage (und in anderen belasteten Städten ebenso). Das Land Bayern zahle grundsätzlich alle Flüchtlingskosten, andere Länder bis zu 60 Prozent, die in den Kommunen anfallen. Das Land NRW müsse gleichziehen.

Der Sparkurs Es könne nicht sein, dass Leverkusen einen harten Sparkurs fahre, um 2020 aus den roten Zahlen zu kommen, und dann durch Kosten, die die Stadt nicht beeinflussen könne, aus der Kurve fliege, sagten Buchhorn und Stein. Das Land müsse dazu Lösungen anbieten. Buchhorn will sich übrigens mit anderen Städten vereinen, um den Druck auf die Landesregierung zu erhöhen. Stein: "Und da wird sich was bewegen, 2017 sind Wahlen..."

Der Effekt Rührt sich das Land nicht, wird die Stadt Leverkusen im November keinen Etatentwurf für 2016 vorlegen, obwohl dies vorgeschrieben ist. "Wir werden den Etat allerdings wie geplant komplett vorbereiten", versprach Stein im Stadtrat, wo Buchhorn auch seinen "Brandbrief" an Jäger verlesen hat.

(RP)
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