Leverkusen Flüchtlingsheime Pommernstraße können an Altlasten scheitern

Leverkusen · Ob 800 oder 200 Flüchtlinge auf einem Grundstück an der Pommernstraße untergebracht werden sollen, bewegt zur Zeit die Gemüter bei Nachbarn, Politik und Verwaltung. Dr. Walter Mende, ehemaliger Stadtchef und bis 2014 Ratsherr, sieht aber noch ein ganz anderes Problem: die Altlasten.

Der Bebauungsplan 97/II spreche ganz klar von einer Altlastenverdachtsfläche, denn dort hätten jahrzehntelang Schweißarbeiten stattgefunden. "Deshalb hat die Stadt 2010 auch sofort die Rote Karte gezeigt, als dort ein Kindergarten mit acht Gruppen gebaut werden sollte", erinnert sich Mende.

Seiner Kenntnis nach finden zur Zeit Bohrungen durch den Grundstücksbesitzer statt: "Nur wenn die Altlastenproblematik vom Tisch ist - und die muss durch ein Fachgutachten geklärt werden - kann man überhaupt weiter planen", meint Mende. Die Stadt berufe sich jetzt auf § 246 des Gesetzes zur Asylverfahrensbeschleunigung, wonach bis 2019 befristet auch Gewerbegrundstücke für die Flüchtlingsunterbringung genutzt werden dürften. Das könne und dürfe aber nicht bedeuten, dass ab sofort jeder Eigentümer Mietkomplexe für Flüchtlinge bauen dürfe. Das Gesetz ziele auf rückbaubare Provisorien ab und nicht auf im nachhinein durch Bebauungspläne legalisierte "Wolkenkratzer", schimpft Mende. "Da könnte sich ja jeder sein Gewerbegebiet voll bauen", macht er deutlich. In der Konsequenz werde dann durch Umwandlung in Bauland eine Wertsteigerung von 100 auf 350 Euro pro Quadratmeter erzielt.

Bei den geplanten Flüchtlingsheimen und späteren Mietwohnungen befürchtet Mende auch, dass ein Bebauungsplanverfahren sozusagen vorweg genommen wird: "Das halte ich für rechtswidrig", sagt er. Denn wenn jetzt die Rede von vier Geschossen und einem Staffelgeschoss für die Bauten sei, dann sei es lebensfremd anzunehmen, wenn im B-Planverfahren eine Dreigeschossigkeit festgelegt werde, tatsächlich auch ein Rückbau erfolge: "Solch einen Fall hat es noch nicht gegeben", meint Mende.

Für ihn sei eindeutig, dass sich der Grundstückseigentümer "eine goldene Nase verdienen will", sagt Mende wörtlich und fügt hinzu: "Mit kommen die Tränen, wenn sich der Investor jetzt als Mutter Teresa aufspielt". Es sei Verhöhnung der Bürger, der Politik und der Stadt, sich als der Gesellschaft gegenüber verantwortlich zu geben und tatsächlich aber "die Dollarzeichen in den Augen zu haben", schimpft Mende.

Seiner Kenntnis nach werde der Grundstückseigentümer sogar noch erheblichen Gewinn aus seinem bisherigen Brachland ziehen, wenn er nur provisorische Unterkünfte, wie beispielsweise Containerbauten, für nur 200 statt der geplanten 800 Flüchtlinge realisiere. Die Landeszuschüsse alleine für den Aufbau, der Zinssatz für das Investment und schließlich die Mietgarantie seien in jedem Fall angetan, mit dem Projekt ein schönes Eigenkapital anzusammeln, rechnet Mende vor.

(RP)
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