Leverkusen Flüchtlingskosten: Stadt kämpft um den Etat

Leverkusen · In einem Punkt ist Leverkusens Finanzdezernent Frank Stein sicher: "Wir werden den Stadtetat für das kommende Jahr am 2. November in den Stadtrat einbringen", kündigte er gestern an. Doch wie das Zahlenwerk aussehen wird, darüber kann der Stadtkämmerer noch immer nicht viel sagen.

Es sind die ungewissen Kosten, die auf die Stadt Leverkusen für die Unterbringung der Flüchtlinge zukommen, die alles erschweren. Stein führte auf Anfrage aus, dass die vor einigen Monaten ins Spiel gebrachten 26 Millionen Euro an Flüchtlings-Ausgaben für 2016 schon wieder Makulatur seien.

"Im Moment verändert sich sowohl auf der Einnahmenseite als auch bei den Ausgaben viel, weil Entscheidungen anstehen, deren Ergebnis die tatsächliche Summe, die auf uns zukommt, um einiges drücken könnte, im ungünstigsten Fall aber auch ansteigen lassen", sagt Stein. Punkte seien u.a.:

Flüchtlingszahlen Als die Haushalts-Prognose vor einem Vierteljahr abgegeben wurde, ging man bundesweit noch von rund 450 000 Flüchtlingen für das kommende Jahr aus. "Mittlerweile ist von 800 000 bis hin zu einer Million Menschen die Rede", sagt Stein. Und das verändere die Summe gewaltig, die aufzubringen sei.

Bundespauschale 670 Euro will die Bundesregierung pro Flüchtling im Monat zur Verfügung stellen. "Landet sie komplett bei den Kommunen, wird uns natürlich ein Stück der Belastung genommen", sagt Stein. Aber längst noch nicht alles.

Landesquoten Bisher landet von den Geldern, die NRW Leverkusen zur Verfügung stellen könnte, gerade einmal zehn Prozent auch tatsächlich im Stadtsäckel. Städtetag und Land verhandeln derzeit - " Höhere Pauschalen für uns sind unabdingbar, wenn der Haushalt nicht vor die Wand fahren soll", betonen die beteiligten Kommunen, auch der Leverkusener Finanzdezernent. Es gibt noch weitere Unbekannte, die Landesregierung hat jedoch zugesagt, das Problem noch in den Herbstferien lösen zu wollen.

Gleichwohl wird Leverkusen im November einen Etat vorlegen, in dem alle Aufwendungen für Flüchtlinge gesondert dokumentiert sein werden - von Material bis hin zu Personalkosten. "Wir haben eine Software im Einsatz, mit der wir alles problemlos erfassen und Veränderungen per Knopfdruck sofort einarbeiten können, was uns immer einen genauen Überblick ermöglicht", berichtet Stein. Das System laufe derart gut, dass schon verschiedene Vertreter aus anderen Städten vorbeigekommen seien, um sich darüber zu informieren. Sind alle Kosten und Einnahmen zur Flüchtlingsfrage erfasst, soll der Stadtrat das Zahlenwerk beschließen, aber ohne Kostenübernahme für Flüchtlinge. Die soll bis zur Genehmigung des Etats mit dem Land ausgehandelt werden. Ein Sprecher der Bezirksregierung Köln nannte dieses Verfahren gestern zwar "nicht zulässig". Dennoch wenden es auch andere Kommunen an.

Der Etat, so bestätigt Stein, bleibe im übrigen so, wie er mit dem scheidenden Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn (CDU) aufgestellt worden sei. Es gebe keinerlei Grund, etwas zu verändern. Buchhorn kann sich zudem bestätigt fühlen, das Ausmaß des Flüchtlingsdramas früh vorausgesehen zu haben: "Ich habe die Entwicklung schon vor einem Vierteljahr kommen sehen und das Land gemahnt. die Kommunen stärker zu unterstützen", bestätigte Buchhorn. Sein Brandbrief sorgte für Aufmerksamkeit. Buchhorn appelliert an die Bezirksregierung, den Leverkusener Weg mitzutragen, der fair und vernünftig sei. Alles andere verschärfe das Problem nur.

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(RP)
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