Leverkusen Ganztagsunterricht schadet Musikschule

Leverkusen · Die Eltern-Kind-Angebote und das Spiel im Ensemble-Bereich wird immer weniger genutzt.

Hiobsbotschaften hatte Musikschulleiter Jürgen Ohrem nicht zu verkünden. Die Schülerzahlen seien mit derzeit 2413 erfreulich stabil, informierte er den Betriebsausschuss KulturStadtLev. Doch gebe es Punkte, die man im Auge behalten müsse, oder gar Anlass zur Besorgnis gäben. Etwas eingeknickt sei die Teilnahme bei den "Piepmätzen", dem Eltern-Kind-Angebot für die Jüngsten, wo einfache Kinderlieder und -reime vermittelt werden.

Sogar als besorgniserregend bezeichnet Jürgen Ohrem die Entwicklung im Ensemble-Bereich. Von den aktuell 1435 Instrumentalschülern nehmen laut Musikschulleiter nur 635 zusätzlich an den Ensembles (Orchester, Chöre, Bands, Musiktheater, Theorie/Gehörbildung) teil. Das seien früher deutlich mehr gewesen. Es sei ein Rückgang von 20 bis 25 Prozent zu verzeichnet. Ohrem sieht den Grund in der Einführung der G8. Die meisten Instrumentalschüler seien Gymnasiasten und durch die verkürzte Schulzeit mit dem Ganztagsunterricht so stark eingebunden, dass sie keine Zeit für einen zweiten Termin in der Woche hätten. "Darunter leiden wir sehr", spricht der Musikschulleiter für seine Einrichtung.

Aber es leide auch die Qualität insgesamt. Abzulesen sei das auch an den rückläufigen Teilnahmezahlen beim Wettbewerb "Jugend musiziert". Beim Gesang oder Instrumentalspiel in Ensembles lernten die Schüler mehr, als nur ihre Technik zu verbessern. Fähigkeiten wie Teamgeist, Aufmerksamkeit, Rücksichtnahme oder Zuverlässigkeit schule man nicht als Einzelkämpfer, sondern nur in der Gruppe.

Beim Problem Ganztag versuche die Musikschule längst gegenzusteuern, etwa mit dem "Drehtürmodell" in weiterführenden Schulen, das zuerst am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium begonnen habe. Dort erhalten laut Ohrem aktuell 60 Instrumentalschüler am Vormittag ihre Klavier-, Flöten-, Geigen- oder Bläserstunde und verlassen dafür den Schulunterricht, den sie dann nacharbeiten müssen. Im Lise-Meitner-Gymnasium seien es derzeit 24 Schüler, wobei die Tendenz steigend sei. Im Landrat-Lucas-Gymnasium, das den Schwerpunkt auf Sport gelegt hat, tue man sich aber mit der Musik noch schwer. Das könne sich im Sommer ändern, hofft Ohrem, wenn die Schule ein neues Zeitmodell einführe, nach dem der Unterricht nie länger als bis 15 Uhr dauern soll.

Eingebrochen sei die Schülerzahl in der Musikalischen Grundausbildung, die einst von Eberhard Werdin entwickelt und als "Leverkusener Modell" Vorbildcharakter gehabt habe, erinnerte Ohrem. Dafür gebe es derzeit 500 JEKISS-Kinder in 13 Schulen. Mit dem Programm "Jedem Kind seine Stimme" hatte die Musikschule vor sieben Jahren begonnen. Fachlehrer gehen in die Grundschulen, bauen dort Chöre auf und bilden auch Lehrkräfte weiter. Ohrems Zukunftsziel ist, JEKISS in sämtliche Grundschulen der Stadt zu bringen.

Die Musikschule sucht nach Finanzierungswegen, um mehr Flüchtlingskinder zu integrieren. Minderjährige Flüchtlinge ohne Begleitung hätten keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungspaket, bedauert Ohrem. Die Musikschul-Stiftung werde dafür im kommenden Jahr 5000 Euro ausschütten. Außerdem hofft er auf Unterstützung durch den Förderverein und andere Charity-Vereine. Vom Land gab es Geld für die Anschaffung von Instrumenten. Die Musikschule kaufte eine kaufte eine Langhalslaute.

(mkl)
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