Leverkusen Geduld ist höchste Tugend der Hebamme

Leverkusen · Monika Miesen ist die dienstälteste Hebamme in Opladen. In 45 Jahren hat sie rund 1000 Kindern auf die Welt geholfen. Auch im Auto vor einer rot zeigenden Ampel hat sie schon entbunden.

 Monika Miesen hat 45 Jahre als Hebamme gearbeitet, nun scheidet die 64-jährige aus dem Berufsleben aus.

Monika Miesen hat 45 Jahre als Hebamme gearbeitet, nun scheidet die 64-jährige aus dem Berufsleben aus.

Foto: Miserius

Rund 1000 Kinder hat die dienstälteste Opladener Hebamme bislang auf die Welt geholt. Jetzt hat Monika Miesen ihre Arbeit eingestellt. "Ich hatte eine wunderschöne Zeit. Aber 45 Jahre sind genug", begründet die 64-Jährige.

Zu den Babys, denen die Mutter zweier erwachsener Kinder erst im Januar 2016 auf die Welt half, gehört das Jüngste von drei Enkelkindern. Ein Baby an Neujahr war dienstbedingt bislang noch nicht dabei. Stattdessen erinnert sich die Geburtshelferin an viele lange und schwere, aber ebenso an schnelle und unkomplizierte Geburten, wie sie sich jede Hebamme wünscht. Der Leitsatz einer Geburt heißt Warten. "Geduld ist die höchste Tugend einer Hebamme", beschreibt die Fachfrau. "Babys sollten - außer bei medizinischen Gründen - selber entscheiden, wann sie auf die Welt kommen wollen." Ein Baby wollte vor etlichen Jahren nicht länger warten. Sie entband den Säugling auf dem Weg zum Krankenhaus im Auto vor einer roten Ampel auf der Düsseldorfer Straße. "So etwas vergisst man nicht", sagt Monika Miesen.

Dass sie "in einem Krankenhaus arbeiten wollte" wusste die Opladenerin, die selbst im Schlebuscher Klinikum das Licht der Welt erblickte und in Küppersteg aufwuchs, schon als Kind. Dass sie einmal als Hebamme - ab 1973 im Remigius Krankenhaus, ab 1993 freiberuflich - tätig sein würde, verdankt sie allerdings einer älteren Kollegin. Es war die frühere Hebamme Karla Schuster, die ihr 1968 während eines Schülerpraktikums riet: "Du solltest Hebamme werden. Dann hast Du nur zwei Jahre Ausbildung, kannst freiberuflich arbeiten und gutes Geld verdienen."

Vor dem Geld stand eine strenge Ausbildung in der Hebammenschule der Landesfrauenklinik Wuppertal. Monika Miesen: "Meine Zimmerkameradin und ich hatten schon die Koffer gepackt, weil wir aufgeben wollten. Dann haben wir uns gegenseitig zum Durchhalten ermuntert." In dieser Zeit erlebte sie die erste Geburt. Sofort war der damals 18-Jährigen klar: "Das ist meine Berufung." Diese forderte sie später so manches Mal enorm heraus. Unter anderem, als sie im Remigius-Krankenhaus teilweise Dienst bis zu 24 Stunden verrichten musste. Trotz allem hat sie ihre Berufswahl nie bereut. "Es ist das Erfolgserlebnis, wenn das Kind endlich da ist. Jede Geburt ist ein Wunder", beschreibt sie.

Seit 1993 wechselte sie in die Selbständigkeit. Alles lief optimal. Bis die Haftpflichtversicherung für Hebammen innerhalb weniger Jahre um ein Vielfaches stieg. Zuletzt auf sagenhafte 6500 Euro pro Jahr. Aber drauf zahlen wollte Monika Miesen keinesfalls. "Als Hebamme muss man auch wirtschaftlich denken", begründet sie. Und so beschloss sie, aus der Geburtshilfe auszusteigen.

Damit ist sie nicht alleine. Die verbleibenden Hebammen sind oft Monate im Voraus ausgebucht und überlastet. Auch deshalb rät Monika Miesen werdenden Eltern dringend, die Geburt selbst in der Klinik nicht dem Zufall zu überlassen, sondern sich früh genug nach einer selbständigen Hebamme umzusehen.

Trotz allem will sie die Hände noch nicht in den Schoß legen. Sie wird das Babyschwimmen weiter anleiten. "Und vielleicht übernehme ich hin und wieder die Vertretung für eine Kollegin", schmunzelt Monika Miesen.

(gkf)
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