Leverkusen Gefährliche SMS: Polizei stellt sechs Handys sicher

Leverkusen · Seit Anfang des Jahres wertet die Polizei Köln/Leverkusen Handys bei ungeklärten Unfällen mit Toten und Schwerverletzten aus. Eine Bilanz.

 Glück und Tod sind Geschwister -zumindest bei Fahrern und Fahrerinnen, die bei voller Fahrt schnell eine SMS schicken...

Glück und Tod sind Geschwister -zumindest bei Fahrern und Fahrerinnen, die bei voller Fahrt schnell eine SMS schicken...

Foto: Miserius, Uwe (mise)

"Eine SMS während der Autofahrt zu schreiben ist riskanter als Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss." Das sagt nicht irgendwer, sondern so lautet das Ergebnis einer Studie des britischen Transport Research Laboratory (TRL), bei der Testpersonen in einem Fahrsimulator auf optische und akustische Signale reagieren sollten. Das war bereits 2002.

Mittlerweile sind zwölf Jahre ins Land gegangen, doch das Verhalten der Autofahrer ist eher noch haariger geworden - so hat es zumindest die Polizei Köln/Leverkusen dokumentiert. Seit April 2008 zählten die Polizisten an festen Tagen in Leverkusen und Köln Autofahrer, die am Steuer ein Mobiltelefon in der Hand hielten, gleichzeitig aber auch Gurtmuffel. Rund 160 000 Fälle wurden binnen fünfeinhalb Jahren registriert. Die Trends sind gegenläufig: Die Zahl der nicht angeschnallten Autofahrer sinkt, die der Handynutzer ist gleichermaßen gestiegen", heißt es aus der zuständigen Verkehrsdirektion.

Seit Jahresbeginn ist die Polizei dazu übergegangen, bei ungeklärten Unfällen mit Toten und Schwerverletzten die Handydaten der Unfallverursacher auszuwerten. Sechs Mal sei dies bisher erfolgt, erklärte ein Polizeisprecher gestern auf Anfrage. Und dieses wichtige Ermittlungs-Instrument solle weiter genutzt werden.

Petra Schulz-Ruckriegel ist Verkehrspsychologin. Sie leitet bei der Prüfgesellschaft Dekra die Begutachtungsstelle für Fahreignung, die auch in der Wiesdorfer Fußgängerzone ein Büro besitzt. Sie hat unlängst selbst erlebt, was SMS-Schreiben mit Autofahrern machen kann. "Ich hatte auf der Autobahn eine Fahrerin hinter mir, die ganz offensichtlich auf ihrem Mobiltelefon herumtippte", berichtet die Diplom-Psychologin: "Sie hing mir an der Stoßstange, fuhr dann plötzlich Schlangenlinien - ganz so, wie es sonst Fahrer unter Alkohol- oder Drogeneinfluss tun."

Petra Schulz-Ruckriegel verweist auf die Verschärfung im Flensburger Punktekatalog, die ihrer Auffassung nach völlig zurecht erfolgt. Ab 1. Mai ist der Führerschein schon bei acht Punkten weg (bisher 18). Ein Handyverstoß kostet dann nicht mehr 40 Euro, sondern 60. Der Punkt in Flensburg bleibt indes bestehen. "Allein diese Verschärfung zeigt, wie wichtig der Gesetzgeber dieses Thema nimmt", betont die Verkehrspsychologin.

Bis zu 30 Prozent aller Verkehrsunfälle sind nach Schätzungen der Polizei auf Ablenkung am Steuer zurückzuführen. Mehr als 130 000 Mal erwischten Polizisten bundesweit im vergangenen Jahr Autofahrer mit dem Handy am Steuer. Und das, obwohl schon bei Tempo 80 ein kurzer Blick aufs Handy zu einem "Blindflug" von 45 Metern führen kann.

"Wenn Sie sich vorstellen, dass in dieser Zeit ein Kind auf die Straße läuft...", sagt der Kölner Polizeisprecher und lässt das Ende offen.

Auch die Autohersteller haben die Handygefahr inzwischen in die Planung ihrer Produktpalette integriert und rüsten ihre Freisprechanlagen auf. Ein Sprecher von Volkswagen erklärte gestern auf Anfrage unserer Zeitung, moderne Systeme könnten dem Fahrer inzwischen SMS auch vorlesen. Zwischen 212 Euro (VW "Up") und 375 Euro ("Golf") kosteten die Standardanlagen. Wer telefonieren wolle, aber diese Ausgabe scheue, spare nicht nur am falschen Ende: "Er lebt auch gefährlich."

(RP)
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