Leverkusen Gericht: Letzte Chance für Intensivtäter

Leverkusen · Mit bis zu sechs Polizeibeamten nahm es ein alkoholgewohnter 20-Jähriger aus Steinbüchel auf. Gestern bekam er mit einer Bewährungsstrafe die letzte Chance, keine Menschen mehr zu verletzten, zu beleidigen und zu bedrohen.

Am Opladener Busbahnhof schlug ein 20-jährige Intensivtäter aus Steinbüchel immer wieder zu. Dort und an anderen Stellen in Leverkusen randalierte er, wenn er betrunken war, schlug, trat, bespuckte und beleidigte Passanten.

Am Opladener Busbahnhof schlug ein 20-jährige Intensivtäter aus Steinbüchel immer wieder zu. Dort und an anderen Stellen in Leverkusen randalierte er, wenn er betrunken war, schlug, trat, bespuckte und beleidigte Passanten.

Foto: Um

Wenn der 20-jährige Angeklagte Alkohol trinkt, dann wird er "zum Tier": Mit bis zu sechs gestandenen Polizeibeamten hat es der eigentlich eher schmächtig wirkende Deutschrusse aus Steinbüchel schon aufgenommen, sie geschlagen, getreten, bespuckt, sogar Knochen gebrochen - ganz abgesehen von rüden Beleidigungen. "Wenn ich besoffen bin, mach' ich viel Sch... Beleidigen und drohen, ist dann normal ", sagt er gestern in der Hauptverhandlung vor dem Opladener Jugendschöffengericht. Die "Sch.." und "F.."-Wörter sprudeln auch vor Gericht nur so aus ihm her-aus. Dort ist der 20-Jährige, der im Intensivstraftäterprogramm der Kriminalpolizei betreut wird, denn auch bereits ein alter Bekannter.

Diesmal geht es um drei angeklagte Straftaten-Komplexe vom Oktober 2013, Januar und Februar diesen Jahres in Steinbüchel und am Opladener Busbahnhof. Er soll seine "damalige/heutige/künftige?" Freundin gewürgt und beschimpft haben; er soll einen Mann mit einem Ast geschlagen haben; in einem Bus sämtliche Fahrgäste und den Fahrer mit dem Tode bedroht haben: "Ich habe ein Messer, ich steche euch alle ab." Er soll eine Radfahrerin am Busbahnhof zu Boden geschlagen und getreten haben. Und immer war viel Alkohol im Spiel: Zuletzt hatte er eine Stunde nach seiner letzten Tat immer noch fast drei Promille Alkohol im Blut. Da war er aber durch einen schweren Verkehrsunfall, bei dem er von einem Pkw angefahren und mit dem Kopf gegen eine Mauer geschleudert wurde, in seiner Raserei gestoppt worden. In Steinbüchel hatte der junge Mann seinen "Namen weg", wie eine Zeugin berichtete. "Hier haben alle Kinder Angst vor dem besoffenen Mann mit der blutigen Nase", sagte die Mutter einer Siebenjährigen, vor deren Haus der Angeklagte ebenfalls randaliert hatte.

"Aus Spaß" sei er vor die vorbeifahrenden Autos gelaufen und habe dabei noch gelacht, hatte die Frau vom Balkon aus beobachtet. Was da noch "Spiel" war, wurde dem 20-jährigen dann kurze Zeit später zum Verhängnis, als er in der Nähe des Opladener Busbahnhofes einem Taxifahrer vors Auto lief. Da er dabei auch einen Beinbruch erlitt, musste er seine Ausbildung im Handwerk abbrechen und gilt bis heute als nicht arbeitsfähig, wie seine Bewährungshelferin dem Gericht darlegte.

Erst im August 2013 war der junge Mann zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, weil er unter anderem sechs Polizisten angegriffen, beleidigt und einem die Hand gebrochen hatte. Bis heute sei dieser Kollege noch nicht wieder voll einsatzfähig, berichtete ein Polizist gestern vor Gericht.

Bewährungshelferin und Jugendgerichtshelfer betonten indes, der Angeklagte habe eine schwere Kindheit und Jugend mit Wechsel von Heimatland und fremden Kulturen in Kasachstan und Deutschland, Konflikten mit dem ebenfalls alkoholkranken Stiefvater und dem schulischem Versagen hinter sich.

Seit dem Autounfall trinke er aber keinen Alkohol mehr, was ihm allerdings nur durch ein spezielles Medikament zur Alkoholblockade, das ihm von der psychiatrischen Landesklinik verschrieben worden sei, ermöglicht werde.

Auf eine erzieherische Wirkung setzte das Jugendschöffengericht gestern mit seiner Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten. Auf Vorschlag der Bewährungshelferin soll der junge Mann, sobald er 21 Jahre alt ist, in das betreute Wohnen des Landschaftsverbandes aufgenommen werden. Die Bewährungsstrafe sei seine letzte Chance, verdeutlichte ihm die Kammer.

Übrigens nutzen nach Auskunft der Kripo 50 Prozent der jugendlichen Intensivstraftäter "ihre letzte Chance. Die anderen machen weiter wie bisher".

(RP)
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