Leverkusen Gewerkschaftschef bei Chemie-Demo am Chempark

Leverkusen · Peter Hausmann kommt herum in diesen Tagen: Mittwochmorgen war der Vorstand der Chemiegewerkschaft IGBCE noch in Gelsenkirchen unterwegs, am Abend wartete dann eine Fahrraddemo von Tor 1 der Bayer-Konzernzentrale in Leverkusen aus in die Wiesdorfer Bürgerhalle auf den Funktionär.

Chemie-Arbeiter demonstrieren in Leverkusen
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Auf 300 bis 400 Veranstaltungen landauf, landab schätzt Hausmann das Programm seiner Gewerkschaft bis zur nächsten Tarifrunde mit den Chemie-Arbeitgebern am 12. und 13. März in Neuss. Der Termin in Leverkusen war für ihn aber besonders wichtig, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion deutlich machte — auch wenn er sich nicht aufs Fahrrad setzte. Denn in dieser Stadt werde die Diskrepanz zwischen dem Verhalten der Arbeitgeber in den Tarifverhandlungen und den tatsächlichen Gegebenheiten besonders augenfällig.

"Wir haben erst vor einigen Tagen erleben dürfen, wie Bayer bei seiner Bilanz-Pressekonferenz Rekord-Zahlen bekannt gegeben hat", argumentiert Hausmann: "Die Dividende für die Aktionäre wurde erhöht — und gleichzeitig erklärt die Arbeitgeberseite in den Tarifgesprächen, es gebe nichts zu verteilen. Das ist doch ein Unding."
Er wolle "die Leute wachrütteln", kündigte der Gewerkschafter an.

Produktivitätsbezogene Tarifpolitik, wie sie die Chemie-Arbeitgeber propagierten, bedeute: "null bis ein Prozent Lohnerhöhung. Wir wollen aber 4,8 Prozent plus eine Weiterentwicklung der demographiebezogenen Tarifverträge", also gleitender Übergänge in den Ruhestand und ähnliche Regelungen. Da dürfe man jetzt nicht locker lassen.
Mit solchen Argumenten konnte der 1954 im niedersächsischen Einbeck geborene Jurist, der seit 1983 gewerkschaftliche Ämter ausübt, bei den Teilnehmern der Leverkusener Demonstration am Mittwoch gut landen.

Rund hundert Bayer-Angestellte starteten um kurz vor 17 Uhr zum Fahrradkorso. Mit Plastikponchos, Trillerpfeifen und Rasseln in rot-weißer Gewerkschaftsfarbe machte sich die Belegschaft auf den Weg in Richtung Bürgerhalle. Hausmann empfing die Teilnehmer an Tor 1 und sagte: "Ich kenne Bayer gut, habe mich hier immer zuhause gefühlt. Wir wollen den Leuten klarmachen, dass in den Verhandlungen noch eine Menge wegzuräumen ist."

Die Polizei sperrte für die Demo den rechten Fahrstreifen der Friedrich-Ebert- und der Peschstraße. Während die Stimmung anfangs sehr gelöst war, ging es in der Halle bei der Rede von Hausmann dann ernster zu. Die Anwesenden hörten gebannt zu und applaudierten lautstark, als der Verhandlungsführer die Angestellten auf den Tarifstreit einschwor. Frank Werth, stellvertretender Bezirskleiter der IGBCE, sagte: "Das wird knackig in den nächsten Wochen. Sowas habe ich noch nicht erlebt — ehrlich." Dass Bayer bisher keinerlei Entgegenkommen signalisiert habe, beunruhige die Belegschaft merklich.

Hausmann ist heute schon wieder andernorts unterwegs. Er will so viele Arbeitnehmer wie möglich zur Unterstützung mobilisieren, wie er betont, denn: "Die Differenz zwischen unseren Forderungen und den Ankündigungen der Arbeitgeberseite war noch nie so groß, wie im Augenblick." Da helfe jeder Demo-Teilnehmer — egal, ob nun mit oder ohne Fahrrad.

(erer)
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