Herbert Reul zur Lage in Brüssel „Da draußen wirkt alles wie ausgestorben“

Brüssel · Herbert Reul saß in seinem Parlaments-Büro, als die Anschläge auf den Flughafen und eine Metrostation in Brüssel passierten. Unserer Redaktion erzählte der Leichlinger EU-Abgeordnete, was er erlebt hat.

 Der Leichlinger EU-Abgeordnete Herbert Reul.

Der Leichlinger EU-Abgeordnete Herbert Reul.

Foto: Andreas Endermann

Als der Leichlinger Europa-Parlamentarier Herbert Reul am Dienstagmorgen in seinem Büro die Radio-Nachrichten hört, ist er hellwach. Da ist von einem Terroranschlag am Flughafen die Rede. "Das ist nicht so weit weg vom Parlamentsviertel in Brüssel", schildert der CDU-Politiker. "Da war ich schon sehr aufmerksam für weitere Nachrichtensendungen." Wenig später merkt der Europaabgeordnete, dass sich um das Gebäude, in dem er im 14. Stockwerk am Schreibtisch sitzt, die Polizeikräfte verstärken. "Ohnehin stehen vor dem Gebäude seit den Anschlägen von Paris immer zwei Soldaten, die das Haus bewachen."

Kurz drauf erreichen den Leichlinger die Nachrichten von den Anschlägen an der Metrostation, "die nur ein paar hundert Meter von meinem Büro entfernt ist. Sein Gemütszustand ist da schon aufgewühlt. Es treffen Mails und Anrufe von der Familie und von Freunden ein: "Geht es Dir gut? Wo bist Du gerade?"

Ausschusssitzungen finden statt

Reul ist zu dem Zeitpunkt immer noch in seinem Büro und heilfroh, dass all seine Mitarbeiter ebenfalls gut dort angekommen sind. 14 Stockwerke unter ihnen haben die Sicherheitskräfte die Eingänge des Gebäudes abgeriegelt. "Es kommt derzeit niemand rein noch raus", schildert Reul am späten Vormittag übers Telefon. Die Parlamentarier könnten relativ normal arbeiten, es gebe teils auch Ausschusssitzungen.Termine außerhalb oder mit Gesprächspartner anderswoher gestalten sich aber schwierig. "Mein Termin mit Leuten aus Berlin ist abgesagt, die können derzeit hier nicht landen. Und ob mein Termin in der Stadt später stattfinden kann ich denke nicht."

Reul betont Rolle von Geheimdiensten

Reuls Stimme am Brüsseler Ende der Telefonleitung klingt überwiegend sachlich, dennoch schwingt immer ein Stück Besorgnis mit. "In diesem Zeiten", sagt der Politiker Reul, lernt man, dass die Arbeit der Geheimdienste — trotz allem Unschönen, was da in der jüngeren Vergangenheit passiert ist — sehr, sehr wichtig ist. Dass es dort einen Austausch gibt von Informationen über Landesgrenzen hinweg, damit man Hinweise hat und sich irgendwie auf solche Situationen vorbereiten kann." Der Mensch Reul schiebt hinterher: "Man denkt ja immer, solche Terroranschläge sind weit weg, das betrifft einen nicht. Aber es kann ja überall passieren, ob hier in Brüssel, in Köln, in Düsseldorf oder in Bergisch Gladbach. Denn da sind Leute unterwegs, denen ist nicht mal ihr eigenes Leben heilig."

An der Adresse Rue Wiertz 60, dem Sitz des Europäischen Parlaments in Brüssel, an der er und sein Team im ihr Büro haben, seien in jüngster Zeit die Eingangstüren noch besser geschützt worden, eine Türe befinde sich noch im Sicherheitsumbau. "Aber Sicherheit?", sagt Reul, "die gibt es vor solchem Terror nie zu 100 Prozent. Es hilft nur strengste Überwachung und der Informationsaustausch."

Künftig mit dem Auto von Brüssel ins Bergische

Am nächsten Tag, überlegt der Europaabgeordnete fürs Bergische Land laut, müsse er von Brüssel ins Bergische. "Ich werde mit dem Auto fahren, das ist wahrscheinlich das Beste, was man jetzt machen kann. Fliegen und Bahn ist schwierig, da kommt man aus der Stadt wahrscheinlich gar nicht raus." Denn die Terrorwarnstufe sei weiterhin auf hoch eingestuft. "Ich will gar nicht wissen, wie es auf den Straßen aussieht", sagt der 63-jährige bedrückt. "Aus meinem Büro kann ich einige überblicken. Da ist fast niemand. Das wirkt da draußen wie ausgestorben."

Am frühen Abend wird er da raus müssen, um nach Hause zu kommen. "Ich hoffe, dann ist die Lage einigermaßen beherrschbar", sagt er. Am späten Mittags gibt sein Büro eine Meldung heraus: "Brüssel ist angegriffen worden, unsere Demokratie und unsere Lebensweise in Europa sind erneut zur Zielscheibe des Terrors geworden. Unsere Botschaft in diesen schwierigen Zeiten lautet: Wir werden alles tun, was notwendig ist, um die zentralen Werte unserer Gesellschaft zu schützen. Europa wird dem Terror vereint entgegentreten."

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