Bundesgesundheitsminister in Leverkusen Hermann Gröhe: "Nicht über Demografiewandel jammern"

Leverkusen · Dass SPD-Landtagsabgeordnete und Bürgermeisterin Eva Lux beim Thema Sterbehilfe nicht Hermann Gröhes Meinung ("Das ist ein Irrweg") war, habe er gemerkt, berichtete der Bundesgesundheitsminister am Freitagabend nach seiner Rede beim Jahresempfang der CDU Leverkusen.

Hermann Gröhe wird zum Gesundheitsminister ernannt
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"Aber das kann man ja auch sein. Auch in der CDU gibt es unterschiedliche Meinungen. In der SPD ebenso, da tickt Andrea Nahles eher wie ich", sagt er und lächelt. Eines kann man dem 53-jährigen Vater von vier Kindern nicht nachsagen: Schmallippigkeit. Gröhe spricht im Bayer Kasino vor rund 150 CDU-Mitgliedern und Gästen über Gesundheit.

Es wird ein verbaler Parforceritt durch das deutsche Gesundheitssystem, den Gröhe in knapp 50 Minuten absolviert. Und der die Zuhörer Staunen macht. "Der kann ohne Punkt und Komma reden, aber angenehm. Ist doch etwas anderes, ihn persönlich zu erleben als im Fernsehen", urteilt später der Opladener Bezirksvorsteher Rainer Schiefer. CDU-Chef Frank Schönberger lobt: "So einen tiefgreifenden Abriss des Gesundheitssystems hätte man kaum besser machen können."

 Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sprach als Gast der CDU Leverkusen zum Jahresempfang über das Gesundheitssystem.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sprach als Gast der CDU Leverkusen zum Jahresempfang über das Gesundheitssystem.

Foto: Uwe Miserius

Und während Ratsfrau Irmgard von Styp-Rekowski betont: "Dass er mehr Personal in Pflegeberufen versprochen hat, das merke ich mir. Das hat auch Leverkusen bitter nötig", gesteht Eva Lux, dass sie sich als Genossin in der CDU-Diaspora wohlfühlt. Sie räumt ein, dass sie mit Gröhe in vielen Dingen auch übereinstimme. Das noch mehr in der Palliativmedizin getan werden müsse, zum Beispiel, und dass die elektronische Gesundheitskarte dringend ausgebaut werden muss. "Da doktern wir seit 15 Jahren dran rum", sagt Lux. Gröhe bringt zumindest die Voraussetzungen mit: "Ich bin nach 20 Jahren der erste Gesundheitsminister, der gesetzlich krankenversichert ist. Ich habe eine elektronische Gesundheitskarte", merkt er verschmitzt an und mahnt: "Wir müssen die Kosten der gesetzlichen Krankenkassen im Blick halten. Das Preismoratorium bis 2017 zu verlängern war der richtige Weg, auch wenn das die Pharmaindustrie nicht gefreut hat.

Innovation soll sich ja lohnen, aber sie muss auch den Patienten zugutekommen." Und die werden immer älter. "Ich möchte aber nicht, dass wir über den Demografiewandel jammern. Wenn wir den als Problem sehen, dann ist es kein Wunder, wenn ältere Menschen sich als Problemfall ausgegrenzt fühlen. Der Demografiewandel schenkt uns viele gute Jahre." Aber eben auch mehr chronisch Kranke und Pflegebedürftige. "Dem muss sich die Politik stellen." Der Rheinländer Gröhe spricht nicht von Problem, er redet von Herausforderung, verspricht eine 20-prozentige Leistungssteigerung im Gesundheitssystem. "Das hat es bisher noch nicht gegeben, Das wird ein Kraftakt", gesteht er, als er das Paket, dass die Bundesregierung ab 2015 auf den Weg bringen will, erläutert. Stichworte: Zahl der Fachkräfte in Alten- und Krankenpflegeeinrichtungen erhöhen und ein neues fünfstufiges Begutachtungssystem für Pflegebedürftige. Immer wieder lobt er im Gartensaal des Bayer Kasinos die Pfunde, mit denen Deutschland wuchern könne. Etwa die fünf Millionen Menschen, die "hierzulande in der Gesundheitswirtschaft in Lohn und Brot stehen" und die Tatsache, dass viele andere Länder auf das deutsche Gesundheitssystem schielen, weil das besser ist als das eigene. Trockene Materie ist es, über die Gröhe spricht. Der Jurist, der 1980 zeitgleich mit Frank Schönberger ein Studium an der Uni Köln aufnahm, versteht es, das Thema zu verpacken. Vielleicht liegt es auch daran, dass er nicht abliest, höchstens kurz in Richtung Pult guckt, sondern ins Publikum schaut. Sonst wäre ihm entgangen, dass Eva Lux in der ersten Reihe beim Thema Sterbehilfe eher unglücklich schaut.

(RP)
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