Leverkusen Hilfe für Opfer von sexuellen Übergriffen

Leverkusen · Durch die "Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten" können Opfer in Klinikum und Remigius-Krankenhaus Spuren von Übergriffen sichern lassen, aber erst später entscheiden, ob sie Anzeige stellen.

 Die "Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftat" (ASS) in Leverkusen wird jetzt offiziell gefördert. Darüber freuen sich (v.l.): Sylvia Dorn-Kunert; Jan Dieken und Andrea Frewer.

Die "Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftat" (ASS) in Leverkusen wird jetzt offiziell gefördert. Darüber freuen sich (v.l.): Sylvia Dorn-Kunert; Jan Dieken und Andrea Frewer.

Foto: Matzerath

Laut Statistik wird in Deutschland alle drei Minuten eine Frau vergewaltigt. Die Zahlen in Leverkusen sind ebenfalls erschreckend: Alleine im vorigen Jahr wurden hier 34 Vergewaltigungen und 116 Fälle von sexuellem Missbrauch registriert. Allerdings liegt die Dunkelziffer nach Meinung von Experten um ein Vielfaches höher, weil nur wenige Betroffene Anzeige erstatten. Sie haben entweder Angst vor dem Täter, vor dem nachfolgenden Prozess, oder sie schweigen, weil sie sich vor Freunden und Familie schämen.

Tatsächlich wird nur jeder achte Sexualtäter verurteilt, Verfahren werden oft aus Mangel an Beweisen eingestellt. Deshalb ist es für eine spätere Beweisführung umso wichtiger, Tatspuren "gerichtsverwertbar", also innerhalb der ersten 72 Stunden nach der Tat, zu sichern. An dieser Stelle greift das Modell der so genannten "Anonymen Spurensicherung nach Sexualstraftaten" (ASS).

Das heißt: Opfer holen sich nach einer Tat Hilfe im Klinikum Leverkusen oder im Remigius Krankenhaus Opladen. Dort werden etwa Spuren von Sperma gesichert und körperliche Verletzungen dokumentiert. Die Proben werden anschließend anonym an die Rechtsmedizin nach Köln gesendet und dort zehn Jahre lang aufbewahrt.

"Opfer, die vergewaltigt wurden, sind traumatisiert. Sie können weder klar denken noch wichtige Entscheidungen treffen", beschreibt Andrea Frewer, Psychotherapeutin der Leverkusener Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt. Laut Frewer soll das Verfahren Frauen in erster Linie Zeit geben, psychisch wieder stabil zu werden, Unterstützung zu holen und den Täter nach einer Weile noch anzeigen zu können. Vergewaltigung verjährt in der Regel erst nach 20 Jahren. Bestätigung erhält Frewer von den Gynäkologen Dr. Sylvia Dorn-Kunert (Klinikum) und Dr. Jan Dieken (Remigius-Krankenhaus). Betroffene Männer können sich im Übrigen ans Evangelische Krankenhaus Köln-Weyertal wenden.

Dr. Sibylle Banaschak vom Institut der Rechtsmedizin weiß aus Erfahrung, dass Verwahrstücke meistens innerhalb weniger Tage nach einer Tat angefordert werden: "Innerhalb der letzten vier Jahre wurden 130 Asservate aus Köln, Düren und Leverkusen bei uns eingelagert, insgesamt 16 wurden kurze Zeit später angefordert."

Anonyme Untersuchungen werden im Klinikum schon seit drei Jahren vorgenommen. Erst jetzt, nachdem das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (MGEPA) Fördergelder in Höhe von 5000 Euro bewilligt hat, können die Beratungsstelle und ihre Kooperationspartner mit der Initiative offiziell an die Öffentlichkeit gehen. Die Mittel stehen bis Ende des Jahres bereit. Frewer ist optimistisch, dass anschließend weitere Mittel fließen.

(gkf)
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