Leverkusen IG BCE rechnet mit Tausenden Demonstranten

Leverkusen · Das Grummeln, das Helmut Hansen, Mitglied der Bundestarifkommission für den Bezirk Leverkusen, im Bauch hat, ist fast zu hören. Und es rührt nicht von Hunger her. Sondern von einem unguten Gefühl.

Und zwar, dass der Wunsch der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), sich in der noch ausstehenden Verhandlungsrunde mit der Arbeitgeberseite auf einen neuen Tarifvertrag zu einigen, nicht in Erfüllung geht.

"Da müssten von der Arbeitgeberseite in der kommenden Woche vor der Verhandlung schon deutliche Signale kommen", sagen Hansen, IG BCE-Bezirksleiter Rolf Erler und Bayer-Gesamtbetriebsratschef Oliver Zühlke unisono. Samstag wollen sie mit mehreren Tausend Gewerkschaftern auf dem Heumarkt in Köln bei einer Großdemo ein Zeichen setzen. Erler rechnet allein aus Leverkusen mit 500 bis 1000 Teilnehmern. In Leverkusen sind rund 25 000 Beschäftigte in der Chemiebranche tätig, gut 20 000 davon vom Tarifvertrag abhängig, bundesweit sind's 550 000 Beschäftigte.

Hinter den Kulissen sind Vorbereitungen für einen möglichen Arbeitskampf angelaufen. Der könnte nach Ostern starten, wenn die letzte Verhandlungsrunde in Stuttgart am 26. und 27. März kein Ergebnis bringt und auch die anschließende Schlichtung - das ist ein Gespräch zwischen drei Arbeitnehmer- und drei Arbeitgebervertretern ohne neutralen Schlichter - ebenfalls keine Einigung bringt. Dann werde die Schlichtung für gescheitert erklärt, die Friedenspflicht sei beendet. Warnstreiks und Streiks könnten die Folge sein. "Die Schlichtung ist schon ein sehr außergewöhnliches Mittel in der Chemiebranche", betont Zühlke. Hansen und Alfred Wagner (Lanxess-Betriesbratschef Leverkusen) erinnern sich an den letzten Warnstreik in der Chemiebranche 1971. "Damals gab es in Leverkusen unter anderem eine Blockade der B 8 und einen Demonstrationszug durchs Werk", erzählt Wagner.

Dass sich so etwas wiederholt, wollen die Gewerkschafter nicht, betonen sie. Aber die Lücke, die zwischen den Forderungen der IG BCE nach 4,8 Prozent mehr Lohn und dem Angebot der Arbeitgerseite, die die Entgelte nach zwei bis drei Leermonaten bei einer Gesamtlaufzeit von 15 Monaten um 1,6 Prozent erhöhen will, betrage satte 3,2 Prozent. "So ein provokantes Angebot von den Arbeitgebern sind wir nicht gewohnt", betont Erler. Ebenso wenig die hartlaibige Front, die die Arbeitgeberseite zeige - auch in Bezug auf die Forderungen zur Demografie. "Hier steht die Frage im Mittelpunkt: Wie kriegen wir es hin, dass die Arbeitnehmer wirklich bis zur Rente mit 65 oder 67 Jahren gut durchhalten?", erläutert Erler.

Zühlke kritisiert, dass die Arbeitgeber in Vorständen die Gehälter erhöhten und Dividenden ausschütteten, die "weit, weit höher sind, als das, was uns geboten wird". Es sei das este Mal seit langem, "dass in der dritten Verhandlungsrunde kein tragfähiges Ergebnis stand", sagt Erler. Dennoch verstehe man beide Seiten am Verhandlungstisch weiter als Sozialpartner, sagt Hansen: "Wir sind für Stuttgart einigungswillig. Ist die Arbeitgeberseite das auch?" Extra IG BCE-Vertreter nehmen Stellung im Video: www.rp-online.de/leverkusen

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort