Leverkusen Ilse Janicke widerlegt mit ihrer Antonov die fliegenden Vorurteile

Leverkusen · Die 56-Jährige ist die einzige deutsche Pilotin, die den 1000-PS-Doppeldecker der Welt lenkt - auch heute und morgen am Kurtekotten.

 Schwergewicht der Lüfte: Vor dem Start müssen die Propeller 30 Mal per Hand gedreht werden, damit sich das Öl in den Zylindern verteilt.

Schwergewicht der Lüfte: Vor dem Start müssen die Propeller 30 Mal per Hand gedreht werden, damit sich das Öl in den Zylindern verteilt.

Foto: LSC Leverkusen

Frauen, die Flugzeuge steuern, gibt es inzwischen durchaus einige. Dass eine Frau aber den größten einmotorigen Doppeldecker der Welt lenkt, ist dagegen auch heute noch eher ungewöhnlich. Das Flugzeug ist die Antonov AN 2. Die einzige deutsche Pilotin, die den Flugsaurier von April bis Oktober an jedem zweiten Wochenende in die Luft bringt, ist Ilse Janicke, Oberärztin eines Herzzentrums im Ruhrgebiet.

Seit 1993 ist sie Mitglied des Fliegerclubs in Leverkusen, und seit inzwischen sieben Jahren fliegt sie den schwergewichtigen Doppeldecker der Firma Air Albatros aus Essen-Mühlheim. Auch beim Flugplatzfest, das heute und morgen rund um den Flugplatz Kurtekotten gefeiert wird, besteht Gelegenheit zu Rundflügen mit Start und Landung.

Geboren in Karlsruhe und aufgewachsen in Berlin, kam die Medizinerin (56) durch ihren Vater, einem Professor für Chemie, schon als 14-jährige Schülerin zur Fliegerei. "Zu der Zeit war das nicht selbstverständlich für eine junge Frau", sagt Ilse Janicke zurückblickend. Um das aufwendige Segelflug-Hobby damals überhaupt betreiben zu können, setzte sich die Familie jeden Freitag in Berlin ins Auto, nahm die stundenlange Fahrt nach Braunschweig auf sich und verbrachte dort das Wochenende in Freiheit und in der Luft.

1990 - die junge Frau war inzwischen Motorflugpilotin - folgte der Umzug nach Düsseldorf, drei Jahre später der Vereinswechsel nach Leverkusen. Dort setzte sie ihre fliegerische Ausbildung fort, erwarb die Nachtfluglizenz, Instrumentenflugberechtigung für Motorflugzeuge, das Funksprechzeugnis für Airliner und die Berufspilotenlizenz. Durch die Inhaber einer Flugschule lernte sie den so genannten "Roten Baron" kennen und fand Gefallen an dem Gedanken, den Oldtimer der Lüfte lenken zu dürfen. Sie erhielt die notwendige Berechtigung und widerlegte umgehend sämtliche fliegenden Vorurteile, dieses Schwergewicht könne nur von kräftigen Männern gebändigt und dirigiert werden.

Janicke wiegt 68 Kilogramm, wusste aber: "Das kann ich auch schaffen." Größte Herausforderung war, die Propellerblätter des 1000 PS starken Sternmotors vor dem Start 30 Mal manuell zu drehen, damit sich das Öl auf die neun Zylinder verteilen kann. Wenn das geschafft ist und die Passagiere in der Maschine sitzen, ist sie mit den Instrumenten beschäftigt, denn dieser Riese wird noch ohne Computer gesteuert. "Erst ab etwa 600 Meter Reiseflughöhe habe ich Zeit und Muße für die Landschaft", sagt die Pilotin, die bisher insgesamt 1600 Stunden in der Luft verbracht hat. Dann kann auch sie das leise, kernige Geräusch des Fliegers genießen und glücklich darüber sein, sich mit allen Sinnen im dreidimensionalen Raum zu bewegen. Das schönste Erlebnis für sie ist zweifellos, wenn sie die Freude der Passagiere sieht, die nach der Landung mit glücklichem Strahlen aus der Maschine steigen.

Tickets bei Air Albatros, Tel: 0208 370191, E-Mail: service@hot-air-ballon.de.

(gkf)
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