Leverkusen In der Haft den Brandstifter des eigenen Hauses getroffen

Leverkusen · Im Schockanruf-Prozess zeigten sich die Angeklagten weiterhin geständig. Opfer müssen noch aussagen.

Auch in der Justizvollzugsanstalt gibt es mitunter bizarre Begegnungen. So traf in der JVA Heinsberg, in der einer der fünf Angeklagten aus Leverkusen, die sich derzeit wegen Schockanrufen bei älteren Frauen vor dem Kölner Landgericht verantworten müssen, auf einen Mithäftling bei der Arbeit. Und diesen erkannte er als den verurteilten Brandstifter auf ein Wohnhaus einer stadtbekannten Leverkusener Großfamilie. Sein Verteidiger kommentierte das als nicht "so günstige Konstellation", was wohl auch die Arbeitsverweigerung seines Mandanten erkläre. Das dürfe er im Übrigen auch als Untersuchungshäftling, sagte der Anwalt.

Auch am vierten Tag der Hauptverhandlung zeigten sich die Angeklagten geständig, soweit sie sich an die Vielzahl der ihnen zur Last gelegten Taten noch im Einzelnen erinnern könnten. Dabei machte der Vorsitzende Richter der 15. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts bereits eine grobe Unterteilung zwischen "den zwölf wichtigen Fällen" und den restlichen "Versuchsfällen" - "um den weiteren Verlauf der Verhandlung besser strukturieren zu können". Daraus entwickelte sich am Ende der gestrigen Verhandlung die Frage, welche Zeugen noch geladen werden sollen. Dass die ermittelnden Beamten nächsten Freitag gehört werden, steht fest. Ob auch die Opfer gehört werden, ist noch offen.

Die Verteidiger zeigten daran kein Interesse. Allerdings gilt im Strafverfahren grundsätzlich das "Unmittelbarkeitsprinzip"; danach ist eine Zeugenvernehmung beispielsweise gegenüber der Verlesung eines Vernehmungsprotokolls zu bevorzugen. Da die Staatsanwaltschaft nicht grundsätzlich auf die persönlichen Angaben der Opfer vor Gericht verzichten möchte, ist also zu erwarten, dass zumindest einige der Geschädigten geladen werden.

Gestern bestätigten die beiden Jüngeren der vier Angeklagten ihre Tatbeteiligung. Die angeklagte Frau, die mit einem der beiden Hauptangeklagten verheiratet ist, wurde noch nicht gehört. Angesichts der von der Polizei ermittelten Beweislage scheint diese Verteidigungsstrategie auch die einzig mögliche.

Die beiden gestern gehörten Männer, von denen der jüngere von Anfang an die Beutezüge mitmachte und der andere erst später dazu stieß, gaben daher auch alle Taten vollumfänglich zu und wollten so offensichtlich das Bild von inzwischen geläuterten Straftätern vermitteln.

Ob ihre Einsichtsfähigkeit echt ist, wird sich zeigen. Als der 19-Jährige in Heinsberg schon einmal vorläufig festgenommen wurde, war das für ihn kein Warnzeichen, mit der Enkeltrick-Masche, aufzuhören. Eine Woche später war er wieder dabei. Zwar habe das Quartett auf einer Fahrt auch einmal Angst bekommen, als sie von einer Polizeistreife angehalten wurde. Die Beamten ließen es aber bei einem Bußgeld wegen des Nichtanschnallens bewenden. Ansonsten ließen auch die Aussagen der beiden jüngeren Angeklagten recht tiefe Einblicke in die ganz besondere Struktur und das Leben der Großfamilie zu.

(RP)
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