Gräberfeld an der Solinger Straße In Leverkusen wächst die Angst vor Grabräubern

Leverkusen · Im Leverkusener Stadtteil Rheindorf vermuten Historiker ein frühgeschichtliches Gräberfeld. Anwohner machten das publik, um den Bau einer Flüchtlingsunterkunft zu verhindern. Denkmalschützer fürchten, dass die Aufregung Plünderer anzieht.

 Gibt es in Rheindorf tatsächlich ein frühgeschichtliches Gräberfeld? Experten wollen das Prüfen. Deswegen soll an der Solinger Straße (siehe Bild) gegraben werden.

Gibt es in Rheindorf tatsächlich ein frühgeschichtliches Gräberfeld? Experten wollen das Prüfen. Deswegen soll an der Solinger Straße (siehe Bild) gegraben werden.

Foto: Miserius, Uwe

Und doch haben die Denkmalexperten des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) genau dieses Szenario als Horrorvision vor Augen, wenn sie an jenes frühgeschichtliche Gräberfeld denken, das in Rheindorf vermutet wird und inzwischen überall bekannt ist, weil Anwohner auf diese Weise verhindern wollen, dass dort eine zentrale Unterkunft des Landes für Flüchtlinge gebaut wird.

Stadt will Flüchtlingsunterkunft trotz Grabungen

An der hält die Stadt Leverkusen offenbar mit aller Macht fest, obwohl die geplanten Grabungsarbeiten durch die Landesdenkmalexperten den Bau um viele Monate verzögern und rund 300.000 Euro Extrakosten verursachen könnten.

Mitglieder der Anwohnerinitiative hatten sich deshalb vergangene Woche per offenem Brief an den Verein "Unesco Welterbestätten Deutschland" gewandt. Sie verweisen darin auf Gräberfelder, "die nachweisbar seit der Bronzezeit (ca. 1900 v. Chr.) bis zum Ende der römischen Kaiserzeit um das Jahr 360" entstanden seien: "Es handelt sich um das größte bekannte historische Gräberfeld zwischen Rhein und Weser: ein etwa zwei Hektar großes Gebiet", behaupten die Anwohner in dem Schreiben - und vertiefen damit die Sorgenfalten bei den Experten.

Grabräuber in Reisebussen? Gab es schon.

Auch bei Dr. Ursula Francke. Die wissenschaftliche Referentin für Denkmalschutz beim Landschaftsverband sagt: "Wir kennen Beispiele, wo Grabräuber mit Reisebussen gekommen und über solche Gräberfelder hergefallen sind." Wie die Heuschrecken. Dass dabei wichtige historische Hinweise zerstört worden seien, interessiere diese Schatzsucher nicht.

Die Entdeckung eines Raubgräberstollens in Frechen etwa machte im Jahr 2005 bundesweit Schlagzeilen. Auf mehr als 30 Metern Länge waren dort gleich mehrere Grundstücke auf der Suche nach kostbaren Keramikarbeiten unterhöhlt worden. Bei Hausdurchsuchungen fand die Polizei später Hunderte archäologische Objekte sowie Metalldetektoren und Sonden.

Plünderungen archäologischer Stätten setzen sehr häufig an Gräbern an, da sich die Räuber dort reiche Schätze in Form von Beigaben erhoffen. Anders als Siedlungsfunde, die meist zerbrochen sind, besteht in Gräbern Hoffnung auf vollständige Objekte.

Milliarden durch Handel mit illegalen Kulturgütern

Im Hintergrund steht ein wachsender - illegaler - Markt mit antiken Stücken. Auf sechs bis acht Milliarden Euro pro Jahr schätzen Fahnder den Umsatz aus dem Verkauf illegal erlangter Kulturgüter weltweit. Der Handel mit archäologischen Objekten, die aus Raubgrabungen stammen, sei längst ein Betätigungsfeld des organisierten Verbrechens geworden, sagen sie.

Auch Rheindorf, so fürchten die LVR-Denkmalexperten, könnte solchen Grabräubern als lohnendes Ziel erscheinen.

(RP)
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