Leverkusen Integratives Sportfest als Generalprobe für die WM

Leverkusen · Etwas verlegen, ihrer Entscheidung aber sicher, steht Vanessa Low auf dem Rasen der Fritz-Jacobi-Anlage. Den Verein, dem die beidseitig unterschenkelamputierte 26-Jährige neun Jahre lang angehörte, hat sie der Liebe wegen Richtung Australien verlassen. Auf dem Integrativen Sportfest des TSV Bayer 04 wurde sie nun verabschiedet.

 Abschied aus Leverkusen: Vanessa Low lief beim Integrativen Sportfest ein letztes Mal im Trikot des TSV Bayer 04.

Abschied aus Leverkusen: Vanessa Low lief beim Integrativen Sportfest ein letztes Mal im Trikot des TSV Bayer 04.

Foto: RALPH MATZERATH

Sportler mit und ohne Behinderungen treten bei diesen Wettkämpfen gegeneinander an. Low hat sich ihren Platz als eine der erfolgreichsten paralympischen Sportlerinnen in der Geschichte des Leverkusener Vereins gesichert. So wurde sie Europa- und Weltmeisterin im Weitsprung und im vergangenen Jahr gewann sie bei den Paralympics in Rio in eben jener Disziplin unter anderem die Goldmedaille.

Anne Wingchen, Geschäftsführerin des Gesamtvereins, bescheinigte Low ein "sympathisches Aushängeschild" gewesen zu sein. Low selbst schien hin- und hergerissen: " Es ist immer schade, sich zu verabschieden", sagt sie. Gleichzeitig freue sie sich jedoch auf eine schöne Zeit in ihrer neuen Wahlheimat. Diese wird sie mit Scott Reardon, der in Rio für Australien an den Start ging, verbringen. Das Paar lebt in der Nähe von Sidney. Bald wird auch Low das grün-gelbe Trikot überstreifen. Noch sei sie aber keine Australierin, sagt sie lächelnd. Mit dem TSV verbinde sie insbesondere die Nachwuchsarbeit sowie den Zusammenhalt der Athleten. "Ich glaube, ich konnte hier keine 20 Meter gehen, ohne 'Hallo' sagen zu müssen", betonte die 26-Jährige.

In ihrem letzten Wettkampf im roten Dress lief sie 100 Meter in 16,31 Sekunden - das ist rund eine Sekunde langsamer als ihre Bestleistung. Eine kürzlich erlittene Verletzung verhinderte eine bessere Leistung der Paralympics-Siegerin. Auch bei den Weltmeisterschaften in London (14. bis 23. Juli) wird sie nicht an den Start gehen können.

Jörg Frischmann, Geschäftsführer der Behindertensportabteilung, kritisierte, dass es in Deutschland kaum integrative Sportveranstaltungen gebe. Auch Meisterschaften würden strikt voneinander getrennt ausgetragen und die Verbände sprächen kaum miteinander. Das sei zum Beispiel in Großbritannien anders. Rund 300 Zuschauer kamen am frühen Freitagabend auf die Anlage, bei Deutschen Meisterschaften der Para-Leichtathleten sei das deutlich weniger. "Das liegt wohl an der Mentalität", vermutet Frischmann.

Einer, der die Popularität des Behindertensports vergrößern kann, ist Sprinter und Weitspringer Heinrich Popow. Der 33-Jährige trat zuletzt in der RTL-Freitagabendshow "Let's Dance" an, musste die Tanzschuhe allerdings verletzt an den Nagel hängen. Somit ist auch für ihn die WM in 28 Tagen kein Thema. "In London habe ich meinen größten Erfolg gefeiert. Es wäre schön gewesen, dort aufzuhören", sagt Popow, der seine Karriere alsbald beenden wird. Die EM in Berlin im kommenden Jahr wird wohl einer seiner letzten Auftritte. "Ich bin niemand, dessen Karriere auf dem Sofa enden soll", betonte er. Ihn werde es danach auch ins Fernsehen ziehen. Das sei ein schönes Werkzeug, um seine Message "nach draußen zu tragen". Die Idee eines integrativen Sportfestes wollte der 33-Jährige nicht weiter kommentieren - schließlich sollte es normal sein, dass Sportler mit und ohne Behinderung einen Wettkampf austrügen. Das Sportfest diente darüber hinaus vielen Athleten als Standortbestimmung vor der WM. Weitspringer Markus Rehm zeigte sich in guter Frühform und sprang 8,05 Meter.

Info Die kompletten Ergebnisse standen zum Redaktionsschluss noch nicht fest und folgen in der nächsten Ausgabe.

(RP)
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