Pantomime-Duo in Leverkusen Intensive Geschichten - ohne Ton

Leverkusen · Ein kleines Dorf aus weißem Papier und eine handvoll weißes Konfetti, mehr braucht es nicht, um die Rahmenhandlung auf die Bühne zu bringen.

So still und poetisch die erste und letzte Szene auch verzauberten, dazwischen ging es mitunter heftig zur Sache, als Wolfram von Bodecker und Alexander Neander "Hereingeschneit" kamen.

So heißt das winterlich-weihnachtliche Programm des Pantomimen-Duos, das in die Fußstapfen des großen Marcel Marceau getreten ist. Die zwei erzählten die Traum-Geschichten der wenigen Dorfbewohner, selbstverständlich ohne selbst auch nur ein einziges Wort zu sagen. Und doch vermittelten sie dem Publikum nicht nur Inhalt und Handlung, sondern kehrten zugleich die innerste Befindlichkeit der jeweiligen Figur nach außen. Ein Bilder-Theater also, das ganz stark die Empfindungen und Stimmungen in allen Facetten betont, ebenso verblüffend wie anrührend oder humorvoll. Es wurde gelacht und gekichert im Saal und im nächsten Augenblick waren alle ganz still vor lauter Faszination. Bodecker und Neander haben die Menschen, in deren Rollen sie schlüpfen, bis in ihr Innerstes genau studiert.

Und sie verstehen es meisterlich, diese verborgenen Gefühle mit Mimik und Haltung auszudrücken. Sehr zum Vergnügen der Zuschauer, die sich mit Szenenapplaus bedankten. Etwa für den Fernsehabend, bei dem sich die beiden Pantomimen nicht auf das Programm einigen können und sich darüber in die Haare geraten. Zwischen Fußball und Natursendung schalten sie den unsichtbaren Fernseher hin und her, was tatsächlich nur am Ton zu erkennen ist und dennoch in den Köpfen mit Bildern ergänzt wird.

Da kommt dann zu Mienenspiel und Körpertheater eine tüchtige Portion Slapstick. Oder sie streifen im Holzfällerhemd durch den imaginären Wald, um den besten Tannenbbaum zu fällen, begleitet von heftigen aber wortlos geführten Diskussionen darüber, wie das nun anzustellen ist.

Zauberei, die Wolfram von Bodecker bei professionellen Künstlern studierte, fehlte in diesem Programm, das mehr auf das Verzaubern ausgerichtet war. Und dabei steigerte sich das Duo gegen Ende des Abends mit einer wundervoll gespielten Geschichte auf dem Bahnhof, wo Passagiere scheinbar hinter einer halbhohen Wand die Rolltreppe hinauf- oder hinuntergleiten. Wo eine alte Dame und ein Jugendlicher aufeinandertreffen und erstaunlich ähnliche Fingerfertigkeiten zeigen, allerdings mit unterschiedlichen Ergebnissen, denn: Der Junge lässt die Finger über sein Smartphon flitzen, während die Ältere strickt. Und die Bewegungen sind dabei tatsächlich ähnlich, erstaunlich wie so vieles an diesem Abend.

Ein wunderbarer Jahresabschluss im Erholungshaus - ganz ohne Ton.

(mkl)
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