Leverkusen Jackmuths hören auf - "dat jeht ävver nit"

Leverkusen · Es brummte in Opladen: Stadtfest, Kirmes, verkaufsoffener Sonntag, das kam an. Fürs Schaustellerpaar Liesel und Hans Jackmuth soll's nach 55 Jahren die letzte Kirmes-Saison sein. Also wahrscheinlich.

 Liesel und Hans Jackmuth wollen nach dieser Kirmes-Saison ihr Geschäft aufgeben. Höchstwahrscheinlich jedenfalls. Im Dezember kommt Liesel mit dem Glühweinstand zum Opladener Weihnachtsmarkt aber wieder, verspricht sie. Die Kirmes in Opladen läuft noch heute. Ab ca. 22.30 Uhr gibt es das große Höhenfeuerwerk.

Liesel und Hans Jackmuth wollen nach dieser Kirmes-Saison ihr Geschäft aufgeben. Höchstwahrscheinlich jedenfalls. Im Dezember kommt Liesel mit dem Glühweinstand zum Opladener Weihnachtsmarkt aber wieder, verspricht sie. Die Kirmes in Opladen läuft noch heute. Ab ca. 22.30 Uhr gibt es das große Höhenfeuerwerk.

Foto: Uwe Miserius

Auf Straßen- oder Schützenfesten und seit 15 Jahren auf der Opladener Kirmes ist das mobile Automatengeschäft von Liesel und Hans Jackmuth zu finden. Wer Bargeld gegen Chips tauscht, darf die Maschinen nutzen. Wer Glück hat und es geschickt anstellt, erhält den Jackpot. Punkte, die man gegen Gewinne einlösen kann, gibt es fast immer.

Anna Maria Pütz hat am Samstag 50 Punkte erzielt. "Die Automaten haben es mir von Anfang an angetan", sagt die 78-Jährige, die eigens eine Dreiviertelstunde mit dem Bus aus Paffrath angereist ist. Aber nicht nur, um am Automaten zu spielen, sondern vor allem, um die Familie Jackmuth zu verwöhnen. Im Frühjahr bringt sie Erdbeer-, im Sommer Pflaumenkuchen. Doch diesmal ist alles anders. Als sie hört, dass die Eheleute nach 55 Jahren aufhören wollen, sagt sie: "Dat jeht ävver nit."

Jackmuths gehören zu den dienstältesten Schaustellern auf dem Opladener Rummel. "Die Lage ist nicht mehr so gut wie früher", schildert Liesel (76). "Ständig steigen Kosten, aber Einnahmen sinken." Überhaupt habe sich die Stimmung verändert. Kirmesbesucher seien immer weniger bereit zum Konsum. "Es gab Zeiten", bestätigt Veranstalter und Schausteller Wilfried Hoffmann, "da war Kirmes das Ereignis des Jahres schlechthin. Familien gingen raus, um zu sehen und gesehen zu werden." Mittlerweile gebe es zu viel Zerstreuung und "Störfaktoren", gegen die keiner ankomme, ergänzt er, während die Menschen - vom idealen Kirmeswetter angezogen - zum Platz strömen. Für Jackmuths soll es die letzte Kirmes-Saison sein. "Wie ich meine Frau kenne, wird daraus nichts", sagt Hans Jackmuth (79). Mit Tränen in den Augen bestätigt Liesel: "Ich darf nicht daran denken." Im Grunde lebt die gebürtige Kölnerin nur für ihr Geschäft und ihre Kundschaft. Sie lacht mit den Menschen, wenn ein Kind geboren ist. Sie weint mit ihnen, wenn ein Trauerfall beklagt wird. Diese Frau hat ein großes Herz. Es ist lange her, da träumte sie davon, Friseurin zu lernen. Aber sie trat in die Fußstapfen ihrer Vorfahren. Inzwischen ist sie Schaustellerin in vierter Generation. Aus Erzählungen weiß sie, dass ihre Vorfahren mit Kasperle-Theater übers Land zogen. Erst die Eltern wurden sesshaft und betrieben diverse Kirmesgeschäfte. Schausteller sind wie eine große Familie. Außenstehende haben kaum eine Chance reinzukommen. Hans Jackmuth ist es gelungen. Die Eheleute lernten sich bei einem Fußballturnier kennen, das Schausteller nach jeder Kirmes-Saison veranstalten. Jackmuth kickte damals im Team mit Kölns Ex-Oberbürgermeister Fritz Schramma, als es zwischen den jungen Leuten funkte.

Inzwischen sind sie 54 Jahre verheiratet und haben gute wie schlechte Zeiten gemeistert. Er hat seinen kaufmännischen Beruf aufgegeben, um sie zu unterstützen. Früher waren sie fast ganzjährig mit dem Wohnwagen unterwegs, lebten nur im Winter in der Bergheimer Wohnung. Urlaub war nie drin. Einmal haben sie es versucht und sind nach Mittenwald gefahren. Hans hatte für seine Frau eigens den Dom in Kleinformat eingepackt. Es hat nichts genutzt. Nach zwei Tagen wurde sie krank vor Heimweh.

So schwer ihr der bevorstehende Abschied nun auch fällt: Ganz aus Opladen verschwinden wird Liesel Jackmuth nicht. Denn schon beim Weihnachtsmarkt im Dezember baut sie ihren Glühweinstand gegenüber der Aloysius-Kapelle wieder auf. "Ehe ich da aufhöre, muss man mich schon raustragen", sagt sie lachend. "Ich brauche meine Kundschaft. Das wird sich nie ändern."

(RP)
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