Leverkusen Jazztage: die einfachen Ideen des Jazz-Stars Gregory Porter

Leverkusen · Gern hätten die Fans gewusst, warum der mächtige, durch seine Körpermasse bereits genügend präsent ausgestattete Gregory Porter mit Sturmhaube und Ballonmütze auftritt. Ohrensausen? Wohl weniger.

 Porter ist ein amerikanischer Jazz-Sänger mit Einflüssen von Soul, Gospel und Rhythm & Blues. Sein Markenzeichen ist die dunkle Ballonmütze.

Porter ist ein amerikanischer Jazz-Sänger mit Einflüssen von Soul, Gospel und Rhythm & Blues. Sein Markenzeichen ist die dunkle Ballonmütze.

Foto: Miserius, Uwe

"Damit werde ich überall auf der Welt erkannt", sagte der amerikanische Bariton-Jazzsänger einmal. Einfache Idee. Und sie funktioniert.

Warum heute jemand eine Weltkarriere macht, bestimmt seit Jahrzehnten schon nicht mehr der Künstler, sondern die kommerzorientierten Firmen hinter den Musikern. Und deshalb scheint der ehemalige Leistungssport-Student Porter sich noch einiges von seiner ursprünglichen Bescheidenheit bewahrt zu haben, da sind nämlich Mütze und Tuch sehr unaufdringliche Accessoires im weltweiten Showgeschäft. Porter stand lange Jahre in der zweiten Reihe oder sang in intimen Clubs, Letztere hat er jetzt gegen den großen Show- und Festival-Zirkus eingetauscht. Er ist angesagt - auch in Leverkusen war das Forum seit Wochen ausgebucht.

Der Sänger setzt auf seine eingespielte Band, auch im Studio, das ist ehrenwert. Verliebt ist er in die Piano-Fantasien seines musikalischen Leiters Chip Crawford, der für die sanften offenen Balladen wie "Hey Laura" warmen Boden deckt oder für ein witziges Zitate-Intro zu "Wolfcry" auch mal Klassik zitiert. Bassist Aaron James und Drummer Emanuel Harrold drehen bei den rar gesetzten Up-Nummern auf, Porter schwärmt mehr für "On the way to heaven" und seinen Mentor Marvin Gaye. Nat King Cole zählt auch dazu, und das stimmliche Potential besitzt der Sänger aus Südkalifornien für jegliche Jazz-Soul-Pop-Eskapaden: Der bassige Bariton schwingt samtweich, drucklos perfekt, er schleift auch tiefe Töne noch von unten an, bringt sie in blitzsaubere Intonation, setzt saubere Sprünge und beherzigt das dichte Legato. Mit dem japanischen Saxofonisten Yosuke Satoh hat Porter einen Altsax-Wirbelwind, der in jedem Stück alles zeigt, selbst in Schmusemusik wie ein Orkan hineinfegt und damit in groovigen Nummern auch abräumen kann. Das Saxofon besetzt die Abteilung "wilder Jazz und Bebop", die ansonsten nicht anklingt - am wenigsten in den kurzen Scat-Versuchen des Bandchefs. Aber Porter ist "The Highlight", nicht nur in Leverkusen.

Hatte das Streichtrio "DuckTapeTicket" zunächst wie zum festlichen Stehempfang mit Murmelostinato etwas Jazz aus den Saiten geschlagen, so leistete das Warm-up für den Mützenstar der blinde Barde Raul Midón. Der Singer/Songwriter sang so fantastisch wie José Filiciano, zupfte, schlug und betrommelte seine Gitarre so wild wie Tommy Emanuel und schlug sich insgesamt allein über eine Stunde sehr beachtlich. Auch er kann ein "Highlight" werden - irgendwann dann auch in Leverkusen.

(RP)
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