Leverkusen Kein Verständnis für Turnunterricht-Verbot in Kita

Leverkusen · Das Turnprojekt des Sportverein SSV Lützenkirchen, bei dem rund 50 Kinder mit motorischen Schwächen und/oder Übergewicht im Kindergarten kostenlos Turnunterricht angeboten wird, darf im städtischen Kindergarten Werner-Heisenberg-Straße nicht mehr stattfinden (wir berichteten). Die Entscheidung sorgt für Unverständnis.

Zur Erinnerung: Grund dafür ist ein neuer pädagogischer Leitfaden für die Arbeiten in Leverkusener Kindergärten, der Anfang dieses Jahres von der Stadt eingeführt wurde. Demnach soll die Selbstbestimmung des Kindes im Mittelpunkt der Arbeit stehen. In den Kitas soll es keine festgelegten Gruppen mehr geben, die zu einer bestimmten Zeit stattfinden. "Wir finden das nicht mehr zeitgemäß", begründete Angela Hillen, Leiterin des Fachbereichs Kinder und Jugend bei der Stadt Leverkusen, den Schritt. Stattdessen soll es verschiedene Bildungsbereiche geben, innerhalb derer sich die Kinder ihre Spielpartner und die Beschäftigung frei auswählen können.

Der Vereinsvorsitzende Günter Bebermeier zeigte sich in der vergangenen Woche empört über die Entscheidung: "Die Kinder bleiben auf der Strecke."

Diese Meinung teilt auch RP-Leserin Monika Burbaum, die seit 25 Jahren im Schuldienst tätig ist. "Es ist sicherlich eine gute Idee, dass Kinder als Individuen wahrgenommen und gefördert werden, doch auch hier gibt es Grenzen", kommentiert sie. "Hat einer der Entscheidungsträger darüber nachgedacht, wie positiv sich das Erlebnis in einer Gruppe auf die individuelle Entwicklung eines Kindes auswirkt? Die soziale Entwicklung scheint hier keine Rolle mehr zu spielen." Es gehöre auch zur Aufgabe von Erziehern, Interessen zu wecken. "Das gilt besonders, wenn Kinder an Aktivitäten herangeführt werden sollen, die sie noch nicht kennengelernt haben", erläutert Burbaum ihr Unverständnis dafür, dass Kinder sich laut Stadt "frei nach ihre Interessen entscheiden sollen, womit sie sich beschäftigen möchten".

Burbaum weiter: "Unter dem vermeintlichen Deckmantel der individuellen Förderung werden Kinder ohne soziale Kompetenzen erzogen, die lernen ihrem Egoismus freien Lauf zu lassen."

Ein weiterer RP-Leser fragt sich: "Warum können nicht ein freies Konzept und ein Angebot für übergewichtige Kinder nebeneinander bestehen? Übergewicht schon im Kindesalter und die damit verbundene ungesunde Ernährung und mangelnde Bewegung sind ein hohes Risiko um ein kranker Erwachsener zu werden"

Ein Nutzer von RP-Online weist auf eine bedenkliche Entwicklung hin: "Tatsache ist, dass Ernährungswissenschaftler in den letzten Jahren feststellten, dass Kinder in Deutschland immer dicker geworden sind. Also jedem Kind es im Kindergarten selbst zu überlassen, selbst zu entscheiden, ob es Turnen/Bewegungsspiele im Kindergarten machen will, ist kontraproduktiv zu dieser Problematik."

(tak)
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