Neubau der A1-Brücke Land fordert Notfallplan für Eingriff in Giftmüll-Deponie

Leverkusen · Für den Neubau der Leverkusener A1-Brücke muss eine ehemalige Giftmüll-Deponie geöffnet werden. Das Landesumweltamt hat gegen die Pläne nur geringe Einwände. Ein Chemiker sieht dagegen Gefahren durch Gase. Wie gefährlich ist der Eingriff?

 Für die Landesgartenschau 2005 wurde die Altlastenfläche Dhünnaue mit mehreren Schutzschichten aus Ton, dicken Folien und Erde "versiegelt".

Für die Landesgartenschau 2005 wurde die Altlastenfläche Dhünnaue mit mehreren Schutzschichten aus Ton, dicken Folien und Erde "versiegelt".

Foto: Schütz

Das Landesumweltamt hält die Pläne für den Neubau der A1-Rheinbrücke und den damit verbundenen Eingriff in die Dhünnaue für durchdacht und zielführend. Durch die Fahrbahnerweiterung nehme die versiegelte Fläche zu, so dass weniger Wasser abgeleitet werden müsse als bisher, heißt es in einer kürzlich abgegebenen Stellungnahme. Die geplante zweite Dichtwand zum Rhein hin als Grundwasserbarriere sei "gut geeignet", um sicherzustellen, dass kein Sickerwasser aus der Deponie nach außen dringt. Das Amt regt aber an, das Grundwasser während und nach der Baumaßnahmen regelmäßig zu überprüfen.

Ebenso empfiehlt es das Aufstellen eines Alarm- und Notfallsplans, "um schnell und angemessen zum Schutz von Mensch und Umwelt reagieren zu können". Die 80 Bohrungen und 65 Rammkernsondierungen, die in der Altlast vorgenommen wurden, seien zwar repräsentativ. Das erwartete Schadstoffspektrum habe sich bestätigt. "Im Wesentlichen weist das Deponat Belastungen mit organischen Verbindungen und Chrom- sowie Chrom-VI-haltigen Stoffen auf." Dennoch könne nicht ausgeschlossen werden, dass beim Aushub unerwartet "besonders kritisches Deponat freigelegt wird".

Bürger haben Sorgen

Der für den Brückenbau geplante Eingriff in die Giftmülldeponie Dhünnaue bereitet vielen Bürgern Sorge, unter anderem Dr. Rainer Welte, Gründungsmitglied der Leverkusener Grünen und ehemaliger Bayer-Mitarbeiter. Er befürchtet, dass die Planer möglicherweise austretendes Gas nicht ausreichend berücksichtigt haben.

 Als in den Kellern der ehemaligen Häusern an der Rheinallee Schadstoffe wie Chrom entdeckt worden waren, gab es strenge Auflagen.

Als in den Kellern der ehemaligen Häusern an der Rheinallee Schadstoffe wie Chrom entdeckt worden waren, gab es strenge Auflagen.

Foto: Schütz Ulrich

"Bevor die Deponie gasdicht abgeschlossen wurde, wurde ein gasdurchlässiges Gewebe darauf gelegt, dann erst wurden die abschließenden Schichten aufgebracht", berichtet der Chemiker. "Das Gas, das sich in dem Gewebe sammelte, wurde abgesaugt und in der Sondermüllverbrennung entsorgt." Nun könne es möglicherweise nicht mehr abgepumpt werden, weil "die Deponie an mehr als 100 Stellen mit Bohrungen von 20 Zentimetern Durchmesser versehen wurde", er aber nichts davon gehört habe, dass die Dränage wiederhergestellt worden sei. Der größte Teil des Deponiegases werde durch Veränderungen des Grundwasserspiegels produziert. "Ohne funktionierende Gasdränage wird dieses Gas freigesetzt und von Leverkusener Bürgern eingeatmet", warnt Welte.

Straßen NRW hat keine Bedenken

Das sei nicht der Fall, sagt Dr. Ingrid Obernosterer, eine von Straßen NRW beauftragte Gutachterin. "Die Gasbildung wurde selbstverständlich bei den Untersuchungen zum Emissionsschutz berücksichtigt", versichert sie. "Es wurden zahlreiche neue Messstellen in den Eingriffsbereichen errichtet und beprobt. Die Gasbildung der Deponie ist sehr gering." Denn es seien nur wenig biologisch abbaubare Materialien abgelagert worden. Die Dränage sei durch den Verschluss der Bohrungen nicht beeinträchtigt worden. Sie spiele allerdings auch keine große Rolle. "Messungen an den Gasdomen, in denen die Gasdränagen münden, haben schon vor Jahren ergeben, dass kein Deponiegas ankommt." Daher müsse auch keins verbrannt werden.

Den Hinweis auf Gasbildung durch ansteigendes Grundwasser habe man ebenfalls untersucht. "Der Effekt hat sich aber nach Fertigstellung des Gesamtsystems als unbedeutend herausgestellt", berichtet Obernosterer. Die Sperrmauer umschließe die Altablagerung nicht komplett, sondern sei nach Osten hin offen. Das von dort, aus dem Bergischen, ankommende Grundwasser werde über eine Brunnengalerie vor der Dhünnaue und der Deponie Bürrig abgefangen, damit weniger Grundwasser unter die Abfallablagerungen einströme. Auf der anderen Seite der Deponie, vor der Dichtwand zum Rhein hin, stünden deponieseitig weitere Brunnen, "über die belastetes Grundwasser gehoben und der Aufbereitung zugeführt wird".

(sug)
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