Leverkusen Lanxess: Aufstieg eines Kellerkindes

Leverkusen · Vor fünf Jahren mit keinesfalls rosigen Prognosen an der Börse gestartet, hat sich Lanxess am Markt inzwischen erfolgreich und weit oben positioniert. Zum Geburtstag des Unternehmens gewährte Konzernchef Axel C. Heitmann jetzt Einblicke in seine Strategie.

Leverkusen Der Patient lag auf der Intensivstation. Dass sein Herz heute vital zu schlagen scheint - auch wenn er derzeit Diät hält -, verdankt er Disziplin und offenbar den richtigen Strategien. Das Kellerkind Lanxess ist in den vergangenen Jahren emporgeschossen wie Phoenix aus der Asche, hat sich am Markt oben positioniert. Für ein "Spin-off" (ein Ableger, also eine Ausgliederung aus einem Unternehmen) eine Karriere, die der Firma zu Beginn keiner zutraute. Wie hat das funktioniert? Konzernchef Axel C. Heitmann gewährte in Geburtstagslaune - die Lanxess-Aktie ist seit fünf Jahren an der Börse - Einblicke in seine Strategie.

Die Geschäftseinheiten, die Lanxess übernahm, waren unstrukturiert. "Wir mussten die Einheiten neu formen", berichtete Heitmann bei einem Pressegespräch. "Jede Geschäftseinheit hat eigene Verantwortung bekommen. Sie sind in sich geschlossen, haben viel Freiheit, aber es kann sich keine Einheit hinter den anderen verstecken, sie müssen sich dem Markt maßgeschneidert präsentieren." Lanxess hat 13 dieser Geschäftseinheiten: quasi kleine Unternehmen im Unternehmen.

"Für 20000 Mitarbeiter, zählt man die heutigen Leute von Currenta (ehemals Bayer-Werksverwaltung, später BIS, d. Red.) mit, war es nach der Hauptversammlung, die die Abspaltung beschloss, schwierig, dass das Bayer-Zuhause weg war. Wir mussten in Rekordzeit ein Unternehmen aufbauen", erzählte Heitmann. Die Firmenführung habe den Mut gehabt, alle Mitarbeiter weltweit über die neuen Ziele und Strategien zu informieren. "Unsere Ziele passen auf eine Scheckkarte, die jeder Mitarbeiter im Portemonnaie haben kann", sagt Heitmnn. "Wir haben maximale Transparenz geschaffen. Das ist auch das beste Rezept in der Krise. Es gibt Kraft, wenn man in unsicheren Zeiten einen Fahrplan in der Tasche hat."

Phase 1: Globales Sparpaket - die Preis-vor-Menge-Strategie wird eingeführt, die Personalkosten gesenkt, Prozessabläufe gestrafft.

Phase 2: Eine Restruktuierungsprogramm lief ab 2005 in vier Wellen. Der Konzern setzt verstärkt auf Technologie.

Phase 3. Portfolio anpassen: Lanxess fokussiert sich auf das, was das Unternehmen am besten kann, trennt sich von allen anderen Geschäften - rund 25 Prozent des Firmengeschäfts. Aus den Fine Chemicals, deren Abnehmer bis dahin nur Bayer war, wurde die Lanxess-Tochterfirma Saltigo, die in "tiefroten Zahlen steckte" (Heitmann) und sich neue Kunden suchen musste.

Phase 4: Nach Existenzsicherung, Unternehmensumbau und Portfoliobereinigung läuft derzeit Phase vier: Wachstum - sowohl organisch (Erweiterung konzerneigener Bereiche. Beispiel: Für zwei neue Anlagen in Bitterfeld und Uerdingen soll in diesem Jahr Baubeginn sein) als auch extern (Akquise. Beispiel: Petroflex in Brasilien 2007, Gwalior Chemicals in Indien 2009). Nach weiteren Zukäufen wird Ausschau gehalten. Die BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China sind interessant. China verzeichnete 2009 ein Wirtschaftswachstum von 8,7 Prozent

Seit Beginn der Wirtschaftskrise läuft bei Lanxess das Sparpaket Challenge 09-12 (erst nur 09). 360Millionen Euro sollen etwa durch Entgeltverzicht (weltweit zehn Prozent bei allen Mitarbeitern inklusive Vorstand) gespart werden. Heitmann formuliert es, wie so oft, positiv: "Wofür hat ein Auto Bemsen? - Um schneller zu fahren. Wir mussten abbremsen, um wieder Fahrt aufzunehmen und bereit zu sein, wenn die Krise endet."

Allerdings wird die Erholung nach seiner Einschätzung in der westlichen Welt noch Jahre dauern. Dass China sich wieder auf Vorkrisenniveau befände, kompensiere nicht den "westlichen Wachstumsstopp", sagt Manager Axel Heitmann.

(url)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort