Leverkusen Lauterbach: "Keine Schadenfreude über Merkel"

Leverkusen · Der SPD-Bundestagsabgeordnete für Leverkusen spricht beim Redaktionsbesuch über die Terrorkrise in Deutschland, aber auch über die schwierige finanzielle Situation für Leverkusen zwischen Flüchtlingshilfe und Schuldenabbau.

Der Mann nimmt kein Blatt vor den Mund: "Wenn der IS Deutschland treffen will, dann wird es passieren. Das ist eine große Gefahr. Es ist derzeit unmöglich, da Entwarnung zu geben, und sie wird es auch lange Zeit nicht geben", sagt Karl Lauterbach, SPD-Bundestagsabgeordneter für Leverkusen und stellvertretender SPD-Bundestagsfraktionschef, unmissverständlich. Am Freitag, den 13., als Attentäter in Paris zuschlugen, war der Politiker gerade im Kreise seiner Familie, den Abend über hätte, wie anderswo auch, Paris dann die Gespräche dominiert, erzählt der gebürtige Dürener beim Redaktionsbesuch.

Und er demonstriert Einigkeit in der Großen Koalition in dieser europäischen Terrorkrise: "Die Kritik an Innenminister Thomas de Maizière ist zwar weit verbreitet, aber beim Thema Terror hat er keine Fehler gemacht, weder kommunikativ noch operativ", betont Lauterbach. Zuletzt war der Innenminister in die Kritik geraten, weil er zur Terrorgefahr in Hannover am Dienstag sagte, nähere Angaben zu den Hinweisen auf eine Bombe würden die Bevölkerung nur verunsichern. Lauterbach betont: Verunsicherung aus der Politik sei das, was die Leute derzeit, wo Finanzkrise, Flüchtlingskrise und Terrorkrise auf die Menschen einprasseln, nicht brauchten. "Die Bevölkerung erwartet von uns jetzt gute Arbeit und kein Verrennen in ideologische Kämpfe. Jetzt ist nicht die Zeit für die SPD, sich zu profilieren oder gar die Abwahl von Merkel zu fordern. Da wären wir schlecht beraten. Dass Merkel - wie das ganze Land - in Probleme wegen der Flüchtlingskrise geraten ist, da verbietet sich jede Schadenfreude." Die Positionierungs- und Profilierungsversuche von CSU-Chef Horst Seehofer hält Karl Lauterbach für nicht gut, "keiner in Berlin tut das. Seehofer ist ein gutes Beispiel dafür, was man derzeit eben nicht tun sollte."

Lauterbach spricht mit Intensität. Reden ist er gewohnt, in den vergangenen Wochen war er zu verschiedenen Sachlagen in diversen Talkshows. Schnelle Themenwechsel ist er gewohnt, schafft den Sprung von Seehofer hin dazu, was nun Aufgabe des Bundes sei, mühelos. Was dort getan werden muss, betont der 52-Jährige, sei klar die finanzielle Hilfestellung für Kommunen. Das Top-Beispiel dafür, wie nötig das Geld vom Bund ist, sei Leverkusen. "Hier zeigt sich, was in Deutschland zu erwarten ist: Geld wird dringend für die marode Infrastruktur, die Bildung, aber auch für die aktuell 2700 Flüchtlinge in der Stadt gebraucht, gleichzeitig soll Leverkusen bis 2018 eine schwarze Null erreichen, also Schulden abbauen. Das geht doch alles gar nicht. Es muss Geld von außen kommen."

 Eine leichte Merkel-Raute mit der Genossen-Hand: Bundestagsabgeordneter und stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender Karl Lauterbach pocht in der aktuellen Krise in der Großen Koalition auf Einigkeit statt Parteiengezeter.

Eine leichte Merkel-Raute mit der Genossen-Hand: Bundestagsabgeordneter und stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender Karl Lauterbach pocht in der aktuellen Krise in der Großen Koalition auf Einigkeit statt Parteiengezeter.

Foto: U. Miserius

Mit NRW-Landesmutter Hannelore Kraft (SPD) sei er in "engem persönlichen Kontakt". Sie sehe die Nöte der Stadt, sei aber nicht die Lösung. Das Problem macht Lauterbach eindeutig beim Bund aus. Wie dort dürfe die schwarze Null auch in Leverkusen nicht wie eine Monstranz vorangetragen werden.

Bei manchen hochrangigen Politikern werde zudem oft in der Flüchtlingshilfe-Finanzierung eines vergessen: Mit Geld allein für die Unterbringung, Versorgung und medizinische Unterstützung sei es nicht getan. "Ich habe mal errechnet, dass dazu noch einmal 50 Prozent der Kosten für Unterbringung und Versorgung notwendig sind, um die Bildung, Ausbildung und Integration zu finanzieren."

(RP)
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