Moderne Dorfläden Finnische Mini-Märkte könnten Vorbild für Leverkusen sein

Leverkusen · Im Leverkusener Stadtteil Schlebusch soll ein neuer Supermarkt gebaut werden. Das gefällt nicht jedem, weil das zu mehr Verkehr führen würde. Ein Ratsherr schlägt nun vor, nach Skandinavien zu schauen - dort gibt es Mini-Vollsortimenter in jeder Nachbarschaft.

 Blick ins Innere eines K-Marktes:eine Mischung aus Frischemarkt, Kiosk, Bäckerei und vielen Produkten, die man bequem zu Fuß nach Hause tragen kann.

Blick ins Innere eines K-Marktes:eine Mischung aus Frischemarkt, Kiosk, Bäckerei und vielen Produkten, die man bequem zu Fuß nach Hause tragen kann.

Foto: Kesko

"Kaikki hyvä on lähellä" ist ein Satz, der in der finnischen Hauptstadt Helsinki nicht nur eine Art Lebensphilosophie ist, er bildet auch seit Jahren das Leitmotto der so genannten K-Märkte. Übersetzt heißt er soviel wie: "Alles Gute ist nah". Und tatsächlich weiß jeder, der in Helsinki schon einmal einen dieser K-Märkte gesehen hat: Dieser kleine Supermarkt bietet auf wenigen Quadratmetern alles Notwendige, das die Bewohner im Stadtquartier benötigen, ohne dass sie dafür noch einmal mit dem Auto los müssten.

Die Mischung aus Frischemarkt, Kiosk, Bäckerei und vielen Produkten mehr, die man bequem zu Fuß nach Hause tragen kann, ist in Skandinavien längst ein Erfolgsmodell. Der CDU-Ratsherr Bernhard Marewski will es jetzt angesichts der Diskussionen über große Vollsortiment-Märkte in Bergisch Neukirchen, Schlebusch und Hitdorf auch in Leverkusen in die Diskussion einbringen.

 "Alles Gute ist nah", lautet ein Leitmotto des finnischen Kesko-Konzerns. Sein Erfolgsmodell - Nahversorgermärkte im Quartier, wie hier in Helsinki- soll auch in Leverkusen diskutiert werden.

"Alles Gute ist nah", lautet ein Leitmotto des finnischen Kesko-Konzerns. Sein Erfolgsmodell - Nahversorgermärkte im Quartier, wie hier in Helsinki- soll auch in Leverkusen diskutiert werden.

Foto: Kesko

Der Ansatz der Stadtverwaltung und ihrer Baudezernentin Andrea Deppe steht dem skandinavischen Zukunftsmodell bisher indes diametral gegenüber. Deppe argumentierte erst unlängst in der Diskussion um die Zukunft des Hitdorfer Edeka-Marktes, die heutigen Kunden wünschten breite Gänge und eine große Auswahl an Produkten unterschiedlichster Hersteller. Auch die Projekte, die in Schlebusch am liebsten einen großen Rewe-Supermarkt und in Bergisch Neukirchen einen nicht minder großen Edeka mit viel Parkraum vorsehen, liegen ganz auf der städtischen Wunschlinie.

Der moderne Dorfladen

Während in Sachen Pisa-Leistungstests Skandinavien in diesen Tagen wieder als Vorbild herangezogen wird, haben sich die Stadtplaner von anderen Zukunftsmodellen aus Skandinavien offensichtlich noch nicht inspirieren lassen.

Beispiel: Die finnische Kesko-Gruppe ist davon überzeugt: "Der Markt des Jahres 2020 ist eine neue Form des 'Dorfladens', ein 'modernes Dorf' oder 'Gemeindezentrum'." Zunehmend verlagere sich das Leben in der Stadt. Die Familien werden kleiner, und die Bevölkerung altert. "Das Leben ist schnelllebig, und die Bedürfnisse zeigen sich individueller, verbunden mit dem Wunsch von mehr persönlichem Service", betont ein Sprecher des Konzerns, dessen Umsatz im Jahr 2016 rund 13,2 Milliarden Euro betrug.

Die K-Gruppe ist der drittgrößte Einzelhändler in Nordeuropa und beschäftigt rund 45.000 Mitarbeiter in knapp 2000 Geschäften in Finnland, Schweden, Norwegen, Estland, Lettland, Litauen, Russland, Weißrussland und Polen - in den Bereichen Lebensmittelhandel, Bau- und Fachhandel und Autohandel. Im Lebensmittelbereich hat die K-Gruppe nach eigenen Angaben 10.500 Angestellte und täglich etwa 1,2 Millionen Kunden.

Keine Parkplätze in der Umgebung

Wenn der Konzern betont, die Menschen benötigten "vielseitigere, alltägliche Dienstleistungen, die ihnen so nah wie möglich sind. Einfach und schnell", ist das keine Werbebotschaft, sondern eine Erkenntnis intensiver Marktanalysen. Aus denen wurden Konsequenzen gezogen: Die K-Märkte, in der Regel Einzelhändler, stimmen ihre Angebote gezielt auf die Kunden in der näheren Umgebung ab - zum Teil auch durch weitere Dienstleistungsangebote aus dem Nicht-Lebensmittelbereich, wie etwa Post. "Es gibt keine zwei wirklich gleichen K-Märkte", betont das Unternehmen. "Jeder K-Markt orientiert sich an den Kunden in der Nachbarschaft."

Der oben abgebildete Markt aus einem Neubaugebiet in der Hauptstadt Helsinki hat zudem keine eigens ausgewiesenen Parkplätze; die benachbarten, durch einen Zaun begrenzten Parkflächen gehören zur benachbarten Metrostation. Ein echter "Nah"-Versorger.

Taugt das Modell auch für Leverkusen? Was kann übernommen werden, was nicht? Sollte es das Thema in die politische Diskussion schaffen, könnte der Austausch von Argumenten spannend werden.

(RP)
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