Leverkusen Finanzchef: „Wir schaffen 2018 die schwarze Null“

Leverkusen · Monheim ist für viele städtische Finanzdezernenten ein rotes Tuch oder eine Herausforderung, je nachdem, was politisch gewollt ist. Die Nachbarstadt hat für Unternehmen eine traumhaft niedrige Gewerbesteuer: 285 Hebesatzpunkte werden in Monheim zur Berechnung angesetzt, Leverkusen liegt bei 475 Punkten. Der Trick an der Geschichte: Über die niedrigen Steuern lockt Monheim neue Firmen an. So könnte es bald auch die Stadt Leverkusen machen.

"Die Monheimer Gewerbesteuerhöhe kann für ansiedlungswillige Unternehmen der Entscheidungsgrund sein, sich für eine Kommune zu entscheiden", sagt der Leverkusener Finanzdezernent Frank Stein im Pressegespräch zur Vorstellung des Stadtetats 2016.

Gewerbesteuer Und warum folgt Leverkusen diesem Monheimer Beispiel nicht? Stein und Oberbürgermeister Uwe Richrath wollen es tun, wenn die städtische Kasse auf lange Sicht stimmen wird. Die internen Berechnungen laufen. Zwei Grundzahlen sind schon bekannt: Senkt Leverkusen seinen Gewerbesteuersatz auf beispielsweise 417 Punkte, dann fehlen (einschließlich Nebenkosten) 40 Millionen Euro pro Jahr. Geht die Stadt sogar auf das Monheimer Niveau von 285 Punkten runter, reißt dies zunächst ein Loch von 150 Millionen Euro. Die Kunst ist jetzt: Wie lassen sich diese Summen kompensieren?

Defizit Dieses Jahr wird die Stadt Leverkusen wahrscheinlich 9,4 Millionen Euro weniger Gewerbesteuer einnehmen als prognostiziert. Die Gesamteinnahme sinkt auf 58 Millionen Euro. Die Konzerne und Unternehmen haben eben den legalen Steuergestaltungsspielraum genutzt — was Leverkusen negativ trifft.

Stein berichtete gestern dazu von der fast schon traumhaften Finanzsituation in Ludwigshafen. 2002 schlossen Stadt Ludwigshafen und BASF demnach einen Deal: Die Stadt blieb beim Gewerbesteuersatz von 375 Punkten und BASF beließ am Hauptsitz alle finanziell ausschlaggebenden Unternehmenskonstruktionen, wie sie waren. Bedeutete: Die Gewerbesteuer blieb stabil und auf einem Niveau im dreistelligen Millionenbereich. In Leverkusen gibt es diese Vereinbarung nicht, was man durchaus als Kritik an den früheren Oberbürgermeistern, den Finanzdezernenten und dem Stadtrat verstehen kann. Die Politik veränderte die Grund- und Gewerbesteuern immer im Gleichschritt. "In der Rückschau eine verfehlte Strategie", sagte Stein. Derzeit führt er "Gespräche", um auszuloten, ob eine Vereinbarung wie in Ludwigshafen annähernd möglich sein wird.

Grundsteuer Während die Stadtspitze finanzielle Lockmittel für Firmen versprühen will, sind Grundsteuersenkungen für Grundstückseigentümer nicht in Sicht, sie werden mehr zahlen müssen. Ist ja auch logisch: Wer ein Grundstück und ein Haus hat, der kann nicht alles einpacken und wegziehen. Damit werden auch Mieter mit steigenden Kosten rechnen müssen. Dieses Jahr liegt der Satz bei 592 Punkten bei der Grundsteuer B. Sie soll ab 2016 auf 650 Punkte steigen. Leverkusen liegt damit noch unter Bonn (680), Siegburg (790) Overath (850) oder Duisburg (855). Oberbürgermeister Richrath versicherte ausdrücklich: "Die 1000-Punkte-Grenze will ich in Leverkusen nicht erreichen." Aber: Bisher ist für 2017 eine Anhebung auf 700 Punkte, für 2018 eine weitere Steigerung auf 810 Punkte eingeplant.

Flüchtlinge Rund 32 Millionen Euro wird die Stadt nächstes Jahr für die Versorgung der Flüchtlinge in Leverkusen ausgeben müssen. Sicher ist die Summe nicht, da momentan sich fast nichts dramatischer entwickelt als die Situation rund um die Flüchtlinge. Aber: Vom Land und vom Bund bekommt Leverkusen nur rund 21 Millionen Euro an Kosten ersetzt. Die Stadt weiß nicht, ob sie jemals das derzeitige eingeplante Minus von 11 Millionen Euro für 2016 erstattet bekommt. Müsste die Stadt diese Summe über Steuern reinholen, wäre nur dafür eine Anhebung der Grundsteuer von 200 Punkten nötig.

Zahlungsschwierigkeiten oder einen Ausgabenstopp durch die Aufsichtsbehörden deuten sich nicht an. Die "humanitäre Hilfe" für Flüchtlinge gilt als gesetzlicher Notstand. Die Stadt darf dafür zusätzliche Kredite aufnehmen. Den ganzen Finanzblock "Flüchtlinge" führt die Stadt als eigenen Bereich, damit ganz klar bleibt, woher die neuen Schuldenlasten stammen.
Die Projekte Bereits 2014 geplante Investitionen dürfen realisiert werden. Dazu zählen:

- der neue Busbahnhof Opladen am Bahnhof Opladen
- der Umbau des Busbahnhofes Wiesdorf
- der Umbau der B8 im Bereich Unterführung Küppersteg
- die Integrierten Handlungskonzepte für Verbesserungen in Hitdorf, Opladen und Rheindorf

Als neue Projekte schlägt die Stadtspitze vor:

- Neubau achtgruppige Kita an der Heinrich-Lübke-Straße
- Sanierung Sporthalle Gesamtschule Rheindorf
- Umbau Mädchentreff Kolberger Straße
- Planung Turnhalle Grundschule Herderstraße
- Sanierung Kaimauer Hitdorf
- Erweiterung um 13 Räume an der Gesamtschule Schlebusch.

Ob dies aber personell von der Stadt zu stemmen ist, bezweifelt sogar die Verwaltungsspitze, da viel Kraft in die Flüchtlingsversorgung gesteckt werde.

Etatsanierung Trotz dieser Belastungen glauben Oberbürgermeister Richrath und Finanzdezernent Stein, dass die Stadt die 2012 eingeschlagene Sanierung ihres Etats schafft. 2018 soll die städtische Kasse wieder ins Plus kommen und schwarze Zahlen schreiben, wenn auch mit rund 71 Millionen Euro Landeshilfe. Ab 2021 soll Leverkusen dies aus eigener Finanzkraft schaffen. Ein anspruchsvolles Ziel bei überall steigenden Kosten und gleichzeitig sinkenden Gewerbesteuereinnahmen.

Dank an Buchhorn Stein dankte übrigens dem ehemaligen Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Und Nachfolger Uwe Richrath betonte, er stehe voll hinter dem Etatentwurf 2016, der ja noch ohne ihn geschrieben wurde. Aber in den vergangenen Jahren habe die SPD ja viele städtische Ziele schon mitgetragen.

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