Blickpunkt Stadtmarketing Leverkusen, wer bist du?

Leverkusen · Leverkusen hat viele schöne Ecken, aber niemand von außerhalb kennt sie. Ein neues Marketingkonzept soll Besserung bringen. Doch vieles liegt im Argen. Ein Erfahrungsbericht.

So ist Leverkusen
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Foto: Uwe Miserius

Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal nach Leverkusen kam, fragte ich mich, wofür die Stadt abgesehen von ihrem Fußballverein und natürlich Bayer überhaupt steht. Erst da wurde mir so richtig klar, dass ich bis zu diesem Tag nie in Leverkusen gewesen war, obwohl ich Kind des Rheinlands bin und heute nicht mehr als 30 Autominuten vom Bayerkreuz entfernt lebe. Weit hatte ich es also nie. Aber warum war ich nie dort? Ich habe schlichtweg nie Gründe dafür gesehen, nach Leverkusen zu fahren. Aber es gibt sie. Heute weiß ich, wofür die Stadt steht. Mit spitzer Zunge gesprochen, gehöre ich damit zum elitären Kreis der Eingeweihten, denn außerhalb von Leverkusen weiß niemand, was den Leverkusener so umtreibt.

Mieses Image

Da ist doch eine Sache, die die meisten Menschen über Leverkusen wissen: dass gleich zwei Autobahnen mitten hindurchführen, Millionen von Autos für Lärm und Dreck sorgen und dass es eine Autobahnbrücke gibt, vor der der Stau nicht enden will und vor der es in regelmäßigen Abständen schlimme Unfälle gibt. Die Verkehrslage in und um Leverkusen hüllt das Image der Stadt in ein feinstaubfarbenes Grau. Und dann ist da noch die leidige Sache mit "Vizekusen". Das Image des ewigen Zweiten, des ewigen Verlierers, das für Außenstehende über der Stadt schwebt.

Dabei hat die Stadt Leverkusen viel mehr zu bieten, aber sie tut sich schwer damit, ihre Vorzüge an den Mann zu bringen. Ein Marketingkonzept? Ist mir noch nicht über den Weg gelaufen. Wenn ich genauer drüber nachdenke, weiß ich noch immer nicht trennscharf, wofür Leverkusen steht. Ich habe nur eine vage Ahnung davon bekommen.

Leverkusen - Sightseeing in Bildern
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Foto: Uwe Miserius (Archiv)

Der Rat der Stadt Leverkusen hat Ende Januar offenbar die Notwendigkeit einer Image-Korrektur erkannt. Er stimmte einem Antrag der Leverkusener SPD zu, die ein neues Marketingkonzept für die Stadt gefordert hatte. Im kommenden Jahr soll es fertig sein - wenn es glatt läuft.

Mit diesen Stärken kann Leverkusen wuchern

Eigentlich ist die Stadt als Wohnort für junge Familien doch prädestiniert. Alle Metropolen des Rheinlands sind von hier aus gut zu erreichen. Mit der Regionalbahn dauert es maximal 20 Minuten bis zum Kölner Dom. Die Grundstückpreise und Mieten sind moderat, ganz im Gegensatz zu Köln. Alle wollen in die Domstadt, aber längst nicht alle können (wollen) sie sich leisten. Leverkusen bietet inzwischen attraktiven Wohnraum. Wer durch die Bahnstadt Opladen geht, entdeckt ein hochmodernes Wohnviertel, in dem es an nichts zu mangeln scheint. Es gibt Restaurants, Ärzte, Rückzugsmöglichkeiten und Wohnraum jeder Form. Leverkusen sollte mit diesem Pfund wuchern, bei denen, die genug haben von teuren Mieten und sich stattdessen lieber einen Urlaub mehr gönnen wollen.

Bevor jetzt alle motzen: Natürlich ist Leverkusen nicht Köln. Ich weiß nicht, ob ich in Opladen schon einmal einen Hipster mit Rauschebart auf einem Fahrrad durch die Stadt habe fahren sehen. Für die, die Bioläden und Bart-Coiffeure suchen, die Pflegeöle verkaufen, ist Schlebusch vermutlich nichts. Es gibt auch nicht die Fülle an Restaurants, Bars und ein ausschweifendes Nachtleben wie auf den Kölner Ringen. Kölle ist für viele "e Jeföhl" - Leverkusen ist auch eins, aber ein ganz anderes.

Wenn ich an das Leverkusener "Jeföhl" denke, denke ich an eine starke Identifikation der Menschen mit den Stadtteilen, an das Provinzielle, das oft schlecht gemacht wird, aber deswegen nicht automatisch schlecht ist. Vielen Menschen gibt es Halt, wenn es mal nicht so hektisch zugeht wie in einer Metropole, sondern die Menschen noch zum Wochenmarkt gehen und man sich kennt. Wo die Dinge eben überschaubar sind.

Die Natur vor der Tür

Dass ich eine der schönsten Leverkusener Ecken überhaupt entdeckt habe, habe ich der Bahn zu verdanken. Als im vergangenen Sommer die Gleise zwischen Opladen und Leichlingen erneuert wurden, musste ich auf den Schienenersatzverkehr umsteigen, der von Opladen über Bergisch Neukirchen nach Leichlingen fuhr. Dass Leverkusen teils so bergisch geprägt ist wie Pattscheid, hätte ich nie vermutet.

Von kleinen, aber feinen Sehenswürdigkeiten wie dem japanischen Garten, der Schiffsbrücke Wuppermündung oder dem Rheinradweg erfährt nur der, der längst in Leverkusen ist. Inzwischen hat die Schiffsbrücke ein eigenes Autobahnschild. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Vielleicht sind es genau die kleinen Dinge, die diese Stadt ausmachen, so wie die Rheinfähre in Hitdorf, die die Leute in der Stadt so mögen. Überhaupt müsste Leverkusen mehr aus seiner Lage am Rhein machen. Denkbar wären zum Beispiel Bootstouren nach Köln oder Düsseldorf und zurück mit entsprechender Gastronomie vor Ort. Achja. Es gibt einen Bootsanleger in Leverkusen. 15 Schiffe legten 2016 dort an. Irgendwie symptomatisch.

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