88-Jährige erstickt Leverkusener wegen Mordes an Mutter vor Gericht

Leverkusen/Köln · Einem 60-jährigen Leverkusener wird von der Staatsanwaltschaft ein Heimtücke-Mord zur Last gelegt. Das Opfer: seine 88-jährige Mutter. Am 24. Juni vergangenen Jahres soll es im elterlichen Haus in Lützenkirchen zu dem Familiendrama gekommen sein. Am Mittwoch begann der Prozess.

Am ersten Verhandlungstag vor der 5. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts machte der Beschuldigte dennoch keinen nervösen Eindruck. Er erzählte nach der Anklageverlesung erst einmal ausführlich von seinem bisherigen Leben. Aber noch mehr von den schweren Krankheiten seiner Eltern. Ohne dabei auf das Geschehen selbst einzugehen, zeichnet sich ein Motiv für seine mutmaßliche Straftat ab: Er wollte seine Mutter "erlösen".

In der Anklageschrift liest sich das noch so: Er soll seiner völlig arg- und wehrlosen 88-jährigen Mutter in Tötungsabsicht Mund und Nase zugehalten haben, wozu er Gummihandschuhe trug. Als sie sich wehrte, soll er sich auf ihren Brustkorb gesetzt haben. Der Angeklagte soll mehrfach seine Hände in dem Glauben weggenommen haben, seine Mutter sei bereits tot. Als sie verzweifelt nach Luft schnappte, soll er seine Handlungen fortgesetzt und seine Mutter auch massiv mit den Händen gewürgt haben. Das Opfer soll schließlich qualvoll erstickt sein.

An geplanten 14 Verhandlungstagen soll das Gericht herausfinden, was sich tatsächlich ereignet hat. Die Verteidigung kündigte für die Sitzung am Freitag zumindest ein Teilgeständnis an. Die Aussage zu seinem bisherigen Leben und zum Tatzeitpunkt zeigt, dass der Angeklagte mit der Situation, sich um die pflegebedürftige Mutter kümmern zu müssen, offenbar überfordert war.

Hilfe hatte sich der zum Zeitpunkt der Tat 59-Jährige von seinem Bruder erhofft, der zwar in Argentinien lebte, aber seinen üblichen Sommerurlaub in Leverkusen vorzog. Beabsichtigt war, die Mutter in einem Alten- oder Pflegeheim unterzubringen. Doch darüber gab es kein einvernehmliches Verständnis.

So aufgeräumt und klar der Angeklagte sein bisheriges Leben schilderte — er hatte eine abgeschlossene Ausbildung als Speditionskaufmann und ist ledig —, so machte er doch befremdende Angaben zu seiner Zukunft. Er will spätestens mit siebzig Jahren seinem Leben ein Ende machen, weil er nicht so enden wolle wie seine Eltern. Er habe keine Kinder, wolle nicht in Altersarmut leben und pflegebedürftig werden: "Dann weiß man doch, dass es nicht besser wird." Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

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