Leverkusen Liebe in Zeiten der Kurznachricht - der erste Kuss damals und heute

Leverkusen · Früher war alles besser? Auch in der Liebe? Liebesbrief contra SMS? Tanztee contra Disco? Über den ersten Kuss und überhaupt das Thema Liebe und Zärtlichkeit drehte sich eine Gesprächsrunde, die das Wohnhaus Upladin und das Landrat-Lucas-Gymnasium initiiert hatte. Schüler mit Senioren sollten zusammentreffen, um über das Thema zu diskutieren. Leider waren nur zwei Schülerinnen dabei, die sich allerdings rege und offen beteiligten.

"Ich habe meinen ersten Kuss mit 16 Jahren bekommen. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch, und die Engel im Himmel haben eine Melodie gespielt", beschreibt eine Bewohnerin des Seniorenheims lächelnd ihre Erfahrungen. An diesen Gefühlen hat sich wohl wenig geändert - damals wie heute, nur die Umstände waren sehr unterschiedlich. Man hatte gar nicht so viele Gelegenheiten, auf Jungs zu treffen. "Wir hatten im Marianum ja nur reine Mädchenklassen", sagt eine Frau. Eine andere hat den ersten Kuss eher ungewollt mit 11 Jahren bekommen: "Es war widerlich, als klatschte mir jemand etwas Nasses ins Gesicht." Eine andere fühlte sich auf einmal ganz erwachsen und dachte, jeder müsste ihr das am nächsten Tag ansehen.

Wie wichtig es ist, den Richtigen zu finden, darin waren sich alle Damen einig. Männer beziehungsweise Jungen waren keine anwesend. Nur das Tempo sei heute ein anderes. "Heute ist ja alles viel offener, viel natürlicher", sagt eine Frau. Selbst die Freundin des Enkels darf im Haus mit übernachten, "das ist normal". Die Schülerin bestätigte, dass man offen über den neuen Freund spricht und ihn auch zu Hause vorstellt. "Ich musste mit meinem Freund am Haus meiner Eltern vorbeiflanieren, damit meine Mutter ihn begutachten konnte", erinnert sich eine Frau.

"Ich finde es schöner, wenn es langsamer geht", sagt eine andere. Sie habe einem Jungen im Zug heimlich durch ihren Bruder ein Briefchen übermittelt. Eine direkte Ansprache sei nicht möglich gewesen. Später kam der Krieg, da habe man sich nicht wieder gesehen. Überhaupt: der Krieg. In vielen Biografien dieser Generation hat er eine Zäsur hinterlassen. Eine frühere Schwesternschülerin liest einen Brief vor, den ihr ein unbekannter Verehrer aus dem Krankenhaus geschrieben hat. "Das gibt es heute nicht mehr" - darin ist man sich einig. Die Schülerin bestätigt, dass man sich eher Kurznachrichten übers Handy schreibt als ausschweifende Liebesbriefe. "Viele Jungen würden sich das nicht trauen. Sie wollen ja männlich und cool wirken." Das Fazit einer Seniorin klingt überzeugt: "Ich bin froh, dass ich in meiner Zeit gelebt habe. Heute wäre mir alles zu schnell."

(RP)
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