Dr. Dirk Wassenberg Und Dr. Marc Spielmanns "Lungenkrebs bemerkt man oft zu spät"

Leverkusen · Vorträge, Führungen und Aktionen gibt es beim "Tag der Lunge" am Samstag, 12. September, im Remigius-Krankenhaus in Opladen. Die beiden Chefärzte dieses Hauses sprechen in der Rheinischen Post über Diagnosen und moderne Therapiemöglichkeiten bei Lungenkrankheiten.

Am Samstag, 12. September, 13 bis 18 Uhr, lädt das St. Remigius Krankenhaus ein zum 18. Deutschen Lungentag der deutschen Atemwegsliga. Es gibt Vorträge zu Themen wie Allergie, chronischer Bronchitis, Lungensport und chirurgische Therapien. Man kann das Schlaflabor genauso besichtigen wie die Lungenfunktionsabteilung. Außerdem gibt es ein begehbares Lungenmodell und Infostände von Selbsthilfegruppen. Dr. Dirk Wassernberg und Dr. Marc Spielmanns berichten:

Was sind denn die häufigsten Lungenkrankheiten, mit denen Sie hier zu tun haben?

Wassenberg Von unserer Seite aus sind das Lungenkrebspatienten mit Bronchialkarzinomen. Aber auch entzündliche Erkrankungen im Bereich der Lunge und im Bereich des Rippenfelles führen zu Operationen, genauso wie Wasser in der Lunge, Wasser im Rippenfellraum. Dies kann von einer Entzündung stammen, aber auch von einer Krebserkrankung. Das sind die Hauptoperationen, die wir hier durchführen.

Merkt man Lungenkrebs eigentlich?

Wassenberg Leider merkt man ihn oft zu spät. Als Raucher ignoriert man häufig die Symptome: der morgendliche Husten, der Auswurf. Bei vielen ist er schon etwas Normales geworden. Wenn dann noch Blut dabei ist, heißt es: Dann habe ich wohl eine Bronchitis. Dadurch fallen die Bronchialkarzinome relativ spät auf. Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose können nur 25 bis 30 Prozent überhaupt noch operiert werden, weil der Krebs schon so weit fortgeschritten ist.

Sind das hauptsächlich Raucher, oder wie viel Prozent sind Nicht-Raucher?

Wassenberg 80 Prozent sind Raucher. Das Risiko ist damit deutlich erhöht, ein Bronchialkarzinom zu bekommen. Viele fangen schon früh an zu rauchen, oft schon mit 13 oder 14 Jahren, so dass die Patienten teils immer jünger werden.

Kann man als Nichtraucher etwas tun, damit man nicht erkrankt?

Wassenberg Man weiß ja mittlerweile, dass Passivrauchen Auswirkung auf die Entstehung eines Bronchialkarzinoms hat. Es ist zwar deutlich weniger geworden durch das Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten. Aber auch Asbesterkrankungen können Ursache sein für Lungenkrebs.

Viel Spazierengehen an der frischen Luft, Sport treiben, kann das präventiv helfen?

Spielmanns Was den Lungenkrebs betrifft, eigentlich nicht. Nicht präventiv. Aber bei chronischer Bronchitis (COPD) - das ist die andere große Patientengruppe, die wir durch das Rauchen haben - kann man davon ausgehen, dass 20 bis 25 Prozent der Raucher eine COPD entwickeln. Wenn man eine chronische Entzündung über Jahre hat, bekommt man es auch mit den Folgeerscheinungen zu tun: Kurzatmigkeit, regelmäßiger Husten und Auswurf, Infektanfälligkeit, Leistungsminderung bis hin zum Siechtum. Nur fünf Prozent bekommen ein Bronchialkarzinom. Wenn man Lungenkrebs bekommt, ist es auf jeden Fall mit dem Rauchen assoziiert - ob passiv oder aktiv.

Wir sprachen gerade über Präventivmaßnahmen. Sie stellen am Lungentag auch Lungensport vor. Was muss man sich darunter vorstellen?

Spielmanns Das ist Sport und körperliche Aktivität mit Patienten, die Erkrankungen an der Lunge haben. Es ist ein speziell zusammengestelltes Programm, weil viele mit ihrer Gesundheit über Jahre Raubbau betrieben und sich nicht bewegt haben. Die knappe Atmung, die durch die COPD entsteht, führt dazu, dass der Erkrankte sich immer weniger bewegt, weil das zu Luftnot führt und zu weiteren Vermeidungsstrategien - eine klassische Abwärtsspirale. Wir versuchen, die Leute in Bewegung zu bringen und aktiv zu halten. Das ist eines der entscheidenden Dinge, die man präventiv machen kann. Bei COPD, sogar das Therapieprinzip, das am besten hilft. Oft besser als Medikamente.

Bieten Sie Lungensport regelmäßig an?

Spielmanns Ja, wir haben zehn Lungensportgruppen hier, die wir mit dem Verein für Gesundheitssport trainieren. Wir haben über 100 Teilnehmer. Das Angebot wird sehr gut angenommen.

Wenn die Lunge geschwächt ist und die Lungenfunktion gemindert ist, kann man sie wieder ausbauen?

Spielmanns Bis zu einem gewissen Grad schon. Das A und O ist aber, das Rauchen zu stoppen, des Weiteren möglichst Infekte von der Lunge fernhalten und zusehen, sich aktiv an der frischen Luft zu bewegen. Ein Teil ist aber auch auf eine genetische Disposition zurückzuführen.

Auch, ob jemand alt oder jung erkrankt?

Spielmanns Das Einstiegsalter beim Rauchen geht immer weiter nach unten. So haben wir mittlerweile Mensch en, die Ende 30 oder Anfang 40 sind und schon schwere Schädigungen an der Lunge haben. Wir haben immer wieder junge Leute, die in einem Alter Lungenkrebs bekommen, wo man früher nicht damit gerechnet hätte. Die Zahlen der Raucher sind zwar leicht rückläufig, aber bis sich das medizinisch auswirkt, dauert das 20 bis 30 Jahre.

Ein Thema beim Lungentag ist das Schnarchen. Ist das eher ein Männerproblem, oder betrifft es auch Frauen?

Spielmanns Prinzipiell ist es ein Thema für beide Geschlechter. Es gibt das Verhältnis zwei zu drei zu Lasten der Männer. Aber Frauen schnarchen durchaus auch.

Was empfehlen Sie dagegen?

Spielmanns Man muss beim Schnarchen erst einmal unterscheiden, ob es nur das Geräusch ist oder ob Atemaussetzer dazukommen. Über 50 Prozent der Menschheit schnarcht, aber nur bei den wenigsten ist es pathologisch. Das untersuchen wir im Schlaflabor. Wir überwachen die Patienten per Monitor die ganze Nacht. Beim harmlosen Schnarchen hilft eine Schnarchschiene. Aber es hängt auch mit dem Körpergewicht zusammen.

Ein Physiotherapeut erklärt am Lungentag, wie man richtig atmet. Was gibt es zu beachten?

Spielmanns Bei Gesunden erst einmal nichts. Aber etwa bei einer COPD kommt man manchmal in eine falsche Atmung, das heißt, man braucht länger, um auszuatmen. Über die richtige Atmung kann man die Belastung schon verdoppeln. Mobilität zu erhalten ist das wichtigste.

Für wen ist der Tag der Lunge gedacht?

Wassenberg Für alle, die mehr über das Thema erfahren wollen. Wir beide, die anderen Referenten und Betreuer an den Ständen sind da und beantworten gern Fragen.

Spielmanns Für Lungenpatienten, für Angehörige, für Interessierte, die wissen wollen, was man präventiv machen kann. Wir zeigen die Endoskopie, führen durch das Schlaflabor. In der Lungenfunktionsabteilung können Besucher einen Lungenfunktionstest machen oder das begehbare Lungenmodell durchlaufen.

MARION MEYER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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