Leverkusen Menschenraub-Prozess: "Inkasso auf russische Art"

Leverkusen · Nach der ersten Aussage des Opfers erklärten gestern im Kölner Landgericht die Ermittler im Strafverfahren gegen fünf Männer, die wegen erpresserischem Menschenraub auf der Anklagebank sitzen, das Geschehen in der Nacht vom 14. auf den 15. September vergangenen Jahres. Dabei entwickelt sich das Tatgeschehen in Leverkusen und Wermelskirchen immer mehr zu einem Krimi unter dem Titel "Inkasso auf russische Art".

Weil ein ebenfalls aus dem Ostblock stammender Unternehmer Lohnzahlungen in geforderter Höhe von 15 000 Euro schuldig blieb, wollten die ehemaligen Mitarbeiter auf "ihre Weise" das Geld eintreiben. Das konnten sie freilich nicht bei dem Schuldner direkt holen, weil der sich längst aus dem Staub gemacht hat. Er soll auch bewusst seine Firma in die Pleite getrieben haben, um Zahlungsforderungen ehemaliger Ehefrauen zu entgehen.

Also suchten die Betrogenen Hilfe bei einem Bekannten, von dem sie wussten, dass er nicht zimperliche Methoden kennt, um Ansprüche geltend zu machen. Er wurde vor neun Jahren wegen Totschlags in Mannheim verurteilt, war nach einer Alkohol-Therapie in der Landesklinik Viersen aber inzwischen wieder auf Bewährung draußen.

Das Quintett passte den ehemaligen Vorarbeiter vor seiner Wohnung in Quettingen ab, in der Absicht, wenigstens etwas von dem noch ausstehenden Lohn von ihm zu erhalten. Der gewaltbereite "Helfer" selbst soll keine Ansprüche gegen den Wermelskirchener gehabt haben, spielte sich allerdings sowohl bei der schweren Körperverletzung, als auch gegenüber der Polizei als Chef der Bande auf.

Als die Polizeiwache in Wermelskirchen kurz vor Mitternacht auf eine Schlägerei aufmerksam gemacht wurde, fuhr eine Streife mit einer jungen und zierlich wirkenden 26-jährigen Polizisten und ihrem 31-jährigen Kollegen zur Aral-Tankstelle an der Berliner Straße in Wermelskirchen. Dort fanden sie das von einem Zeugen gemeldete Fahrzeug nach kurzer Suche vor dem benachbarten Autohaus.

Dabei mussten die Polizeibeamten sehr behutsam vorgehen, weil ihnen von Anfang vieles verdächtig vorkam, wie sie es gestern vor dem Landgericht aus ihrer Erinnerung schilderten. Es stank auffallend nach Alkohol. Zunächst folgten die fünf Männer den Aufforderungen der Polizei, stiegen aus dem Fahrzeug aus. Das tat auch das schwer verletzte Opfer.

Die Personalien wurden festgestellt, die Hilfe einer Streife aus Leichlingen wurde zur Eigensicherung gerufen. Erst als die Polizistin einen Rettungswagen anforderte, drohte die Situation zu eskalieren. Vor allem der gewaltbereite "Helfer" wollte darauf aufmerksam machen, dass sie das gar nicht dürfe. Aber das Opfer, das die nicht enden wollende Blutung mit einem großen Tuch stoppen wollte, soll tatsächlich dazu nur geschwiegen haben.

Im Krankenwagen brach der Geschädigte dann aber zusammen, zitterte und weinte. Erst dort gab er dann preis, dass er mit brutalen Schlägen und Tritten gegen seinen Kopf, in den Bauch und zwischen die Beine misshandelt worden war. Ab jetzt war eindeutig klar, dass es sich um eine schwere Straftat handelte, bei der Familie des Opfers i Quettingen übernahm die Polizei die Sicherung, die Kripo die weiteren Ermittlungen. Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
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