Leverkusen Mit Puppen und Spielkonsole Moby Dick gejagt

Leverkusen · Alle Handys müssen in den Flugmodus geschaltet werden. Nur so konnte die sichere Fahrt auf der alten Pequod garantiert werden. Jenem Segler, mit dem einst Kapitän Ahab und seine unerschrockene Mannschaft auf Walfang gingen, um Moby Dick zu erlegen.

Studierende der Berliner Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" haben sich den alten Jugendbuch-Klassiker vorgenommen und die Geschichte ins Zeitalter des Computerspiels transportiert.

Dass sich die Absolventen der Abteilung zeitgenössisches Puppenspiel dabei eines ganz alten Mediums, des Marionettenspiels, bedienten, machte die Sache nur spannender. Die finale Entwicklung des Stücks erfolgte in Koproduktion mit Bayer Kultur während der letzten zwei Wochen auf der Bühne des Erholungshauses, wo am Sonntag die Uraufführung, Montag und Dienstag Schüler-Vorstellungen stattfanden. Das Publikum saß dabei auf der Seitenbühne, rechts und links des Geschehens und musste sich unentwegt entscheiden zwischen der realen und der virtuellen Welt. Zwischen dem halbrunden Aufbau auf dem "Achterdeck", wo sich vier Jugendliche zum gemeinsamen Videospiel treffen und während der dramatischen Walfang-Jagd in die Chipstüte greifen, und dem Bug aus Monitoren, auf denen Moby Dick und seine virtuellen Artgenossen zum Abschuss freigegeben sind.

Davor die Puppen, die sich die Jugendlichen vorher per Playstation zusammenstellen konnten, die jeweils von mehreren Puppenspielern geführt und deren Stimmen nach Computerspiel-Art mit Echoeffekt verzerrt sind. Gilt die Aufmerksamkeit des Publikums auch zunächst den lebendigen Schauspielern, wird es zunehmend von Puppen und Technik in den Bann gezogen. Die sichere Einteilung in Realität und Fiktion geriet durcheinander bei dieser absolut faszinierenden Kombination unterschiedlicher Medien. "Manche Leute hören auf zu spielen, weil sie mit ihrer Zeit besseres zu tun haben, nur ich frage mich, was das sein soll", meint ein Mitspieler am Anfang.

Da wird er noch belächelt, aber letztlich greifen die Fantasiefiguren in die vorgegebenen Regeln ein und locken die echten Menschen aus der Reserve. Sie müssen sich tatsächlich dem Kampf gegen Wind und Wellen stellen. Sie schöpfen Wasser, lassen sich und die Zuschauer im Strahl einer Windmaschine spüren, dass ein Seeabenteuer wenig zu tun hat mit dem Erreichen des nächsten Levels bei Chips und Bierchen auf dem Sofa. Absolut faszinierend war diese Begegnung von Klassiker und virtueller Welt mit vielen technischen Tricks und Finessen, aber ebenso mit poetischen Momenten, wie sie nur das Theater bieten kann.

(mkl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort