Leverkusen Nachbarn sind wegen Flüchtlingen besorgt

Leverkusen · Ab der nächsten Woche ziehen bis zu 90 Flüchtlinge in die neue Containeranlage in Lützenkirchen. Viele Bürger haben sich die Unterkunft vorab angesehen. Einige sind engagiert, andere verunsichert - vor allem wegen einzelnen Männern.

 Andrang im Gemeinschaftsraum: Viele Bürger kamen, um sich die Flüchtlingsunterkunft vorab anzusehen. Demnächst können die Bewohner hier spielen, kickern und Deutsch lernen.

Andrang im Gemeinschaftsraum: Viele Bürger kamen, um sich die Flüchtlingsunterkunft vorab anzusehen. Demnächst können die Bewohner hier spielen, kickern und Deutsch lernen.

Foto: RALPH MATZERATH

Der große und starke Mann ist gehüllt in Ballonseide. Er steht auf dem Flur, genauer: auf dem Flur vor dem Raum, in dem Oberbürgermeister Uwe Richrath gerade gesagt hat, dass er froh ist, dass Leverkusen Flüchtlinge mit offenen Armen empfängt. Der Mann also spricht so laut, dass man ihm sogar dann zuhören muss, wenn man gar nicht will. Er sagt: "Wenn es hier ein Problem gibt, dann komme ich vorbei und kläre es gleich selbst." Und er klingt nicht, als wolle er neue Federbälle bringen, wenn die alten am Rand eingerissen sind.

Die neue Containeranlage am Sportplatz Lerchengasse in Lützenkirchen soll ab der nächsten Woche von bis zu 90 Flüchtlingen bezogen werden. Vorab durften Nachbarn, Bürger und Vereine am Dienstagabend durch die Räumlichkeiten gehen, und sich ein Bild von der Situation machen. Viele waren gekommen, weil ihnen Fragen unter den Nägeln brannten. Andere waren gekommen, weil sie sich engagieren und helfen wollen. Und in jedem der Räume mit zwei Metallbetten, zwei Metallschränken und zwei Stühlen schwang die Frage mit: Wie geht Lützenkirchen mit den Menschen um, die ihre Nachbarn werden?

Auf der einen Seite: besorgt. Bei einer Führung durch die Container fragt eine große, blonde Frau den freundlichen Mitarbeiter der Stadt: "Warum kommen nicht die Familien aus der Unterkunft an der Sandstraße, sondern junge Männer?" Eine andere Frau wundert sich und sagt: "Die Zimmer sind so klein, es sieht nicht so aus, als kämen hier Familien rein." Und auch auf die Frage eines Mannes: "Die Standard-Spielregeln unter uns Deutschen kennen die schon, oder?", sagt der Mitarbeiter der Stadt: Nein, nicht alle.

Wer ist das, der da kommt? Das ist noch etwas ungewiss und hängt von den Zuweisungen aus Arnsberg ab. In jedem Fall ziehen Bewohner der Unterkunft an der Sandstraße ein. Hört man den Fragen vieler Lützenkirchener zu, fürchten sie vor allem einzelne Männer, die sich langweilen und auf dumme Gedanken kommen könnten. Hört man Christina und Detlef Lilienthal zu, dann überwiegt die Hoffnung der Furcht. Die Eheleute wohnen in direkter Nachbarschaft zur Unterkunft und sagen: "Wir wissen, dass da keine Heiligen kommen." Aber sie haben keine Bedenken, keine Sorgen. "Es ist gut, dass die Flüchtlinge in eine solch stabile Gegend kommen", sagt etwa Detlef Lilienthal. Er hat sich am Infostand der Stadt einen Zettel abgeholt, über den man sich für Mitarbeit in der Unterkunft melden kann. "Wir wissen noch nicht, ob wir Zeit finden, wir engagieren uns schon viel, aber wir versuchen es mal", sagt Christina Lilienthal.

Wie die beiden haben sehr viele der Besucher am Dienstagabend graue Zettel in der Hand. Dass sie alle die Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen, wie der Oberbürgermeister glaubt, ist zweifelhaft.

(her)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort