Leverkusen Navi-Diebe - "Justiz muss ein Zeichen setzen"

Leverkusen · Vor dem Kölner Landgericht müssen sich derzeit vier Litauer verantworten. Die Gruppe soll in rund 100 Fällen Navigationsgeräte gestohlen haben, auch in Leverkusen. Bislang läuft der Prozess extrem schleppend.

 Am Morgen danach: Der Täter schlug eine Scheibe ein, setzte sich trotz laufender Alarmanlage ins Auto, riss den leichten Rahmen weg, zog die Kabel ab und verschwand in der Nacht. Die Leitungen werden sauber gelöst, damit schnell wieder ein Navi eingebaut ist. Manche Täter kommen wieder. Schaden: rund 4000 Euro.

Am Morgen danach: Der Täter schlug eine Scheibe ein, setzte sich trotz laufender Alarmanlage ins Auto, riss den leichten Rahmen weg, zog die Kabel ab und verschwand in der Nacht. Die Leitungen werden sauber gelöst, damit schnell wieder ein Navi eingebaut ist. Manche Täter kommen wieder. Schaden: rund 4000 Euro.

Foto: Schütz

Eine denkwürdige Zurschaustellung juristischer Verzögerungsstrategie wurde am Donnerstag den Besuchern im Saal 112 am Kölner Landgericht geboten. Wie schon beim Prozessauftakt am 21. Dezember, kam am Donnerstag das Verfahren gegen vier mutmaßlich Litauer bereits nach anderthalb Stunden zum Erliegen. Der Vorsitzenden Richter Dr. Jörg-Michael Born hatte mit den Anträgen der insgesamt acht Verteidiger (zwei pro Angeklagtem) alle Hände voll zu tun — der eigentliche Prozess rückte dabei in den Hintergrund.

Den jungen Männern wird zur Last gelegt, zwischen März 2011 und April 2012 in rund 100 Fällen Navis gestohlen zu haben — viele davon in Leverkusen. Die Staatsanwaltschaft will nachweisen, dass sich das Quartett in Litauen einer professionellen Bande angeschlossen hat, die ihre Beutezüge organisiert.

Bislang scheinen die Angeklagten den Ernst der Lage jedoch nicht begriffen zu haben. Lässig kaugummikauend und entspannt lächelnd betraten die vier Männer (zwischen 21 und 28 Jahre) den Verhandlungssaal. Während der Richter noch damit beschäftigt war, die Anträge aus dem Prozessauftakt abzuwickeln, hatten die Verteidiger bereits neue dringende Anliegen.

Das Hauptproblem stellten drei nachgereichte Akten dar. Man könne sich zu dem Verfahren nicht äußern, ohne das zusätzliche Material vorher gesichtet zu haben, hieß es von Seiten der Verteidigung. "Herr Vorsitzender, Sie sehen mich verwirrt. Wir betreiben hier ja keine Akten-,Ansicht', sondern immer noch Akten-,Einsicht'", sagte Rechtsanwalt Thomas Pusch. Ergebnis: Die Verhandlung wurde für eine Stunde unterbrochen, damit die nachgereichten Akten achtfach kopiert und an die Verteidigung ausgeteilt werden konnten. Zudem wurde der für heute angesetzte Verhandlungstermin aufgehoben — am Montag soll der Prozess dann weitergehen.

Auf Nachfrage der RP, wieso die Verhandlung so schleppend anliefe, erläuterte Pusch: "Alle Akten sollten zu Beginn des Prozesses vorliegen. Scheinbar ist es aber in Mode gekommen, wichtige Dokumente nachzureichen. Dadurch entstehen natürlich Verzögerungen." Polizei-Gewerkschafter Rüdiger Thust (Kommissariatsleiter in Köln) kann darüber nur den Kopf schütteln. "Im letzten Jahr ist die Zahl der Navi-Diebstähle wieder gestiegen. Ich befürchte, dass diese kontinuierliche Entwicklung 2013 weitergehen wird." Rund 1300 festinstallierte Geräte wurden 2012 in Leverkusen und Köln gestohlen. "Eine erschreckend hohe Zahl", sagt Thust. Ganz NRW, aber vor allem die Ballungszentren entlang des Rheins seien besonders betroffen. "Die Gerichte müssen endlich ein klares Zeichen an diese Banden senden und die jungen Straftäter ein paar Jahre von der Straße holen." Nur mit Festnahmen erreiche man nichts. "Es kommt sofort Nachschub, die betrachten die Diebstähle regelrecht als Volkssport", betont Thust. Ein festinstalliertes Navi kostet bis zu 3500 Euro, hinzu kommen die Schäden am Fahrzeug.

(RP/ac)
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