Gisela Walsken im Interview "Neue Gesamtschule für Leverkusen lehne ich ab"

Leverkusen · Die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD) hat bei ihrem Besuch in der Neuen Bahnstadt Opladen klare Worte zur aktuellen Leverkusener Schuldebatte gefunden – und schickt eine deutliche Botschaft an ihre Leverkusener Genossen.

 Freundin deutlicher Worte: Gisela Walsken (SPD) ist seit dem 18. August 2010 Regierungspräsidentin im Regierungsbezirk Köln.

Freundin deutlicher Worte: Gisela Walsken (SPD) ist seit dem 18. August 2010 Regierungspräsidentin im Regierungsbezirk Köln.

Foto: Archiv

Die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD) hat bei ihrem Besuch in der Neuen Bahnstadt Opladen klare Worte zur aktuellen Leverkusener Schuldebatte gefunden — und schickt eine deutliche Botschaft an ihre Leverkusener Genossen.

Frau Walsken, Sie sind heute zu Gast in der Neuen Bahnstadt Opladen gewesen, wie würden Sie Ihren Eindruck beschreiben?

Walsken Es ist wirklich ungeheuer spannend, Schritt für Schritt mitzuerleben, wie dieses für Leverkusen so wichtige Projekt immer deutlicher Form annimmt. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir zu Beginn meiner Amtszeit über die Finanzierung diskutiert haben. Damals gab es noch viele Fragezeichen. Heute ist eine Erfolgsgeschichte daraus geworden, auf die ganz Leverkusen stolz sein kann.

Vielleicht auch deshalb, weil die Stadt mit ihrem "Spenden-Modell" ungewöhnliche Finanzierungswege beschritten hat?

Walsken Ich sage Ihnen ganz offen: In meiner Behörde gab es durchaus einige kritische Stimmen, die deutlich ihre Bedenken gegen ein solches Modell geäußert haben. Ich habe damals gesagt: Leverkusen hat eine Chance verdient, und ich kann mit jedem Weg leben, der rechtlich zulässig ist und den Stadtetat nicht zusätzlich belastet. Der Oberbürgermeister hat sich von Beginn an mit aller Kraft und sehr lösungsorientiert eingesetzt — außerdem ging es ja auch darum, den Schwung und die Fördergelder der Regionale 2010 mit in die Projektphase zu nehmen. Heute fließen die Spenden, die Bahnstadt blüht — und ich freue mich sehr darüber.

Nicht ganz so erfreut dürften Sie wahrscheinlich über das Wahlkampfgetöse sein, das zurzeit über das Thema "Errichtung einer Sekundarschule" in Leverkusen hereingebrochen ist. Die SPD rührt massiv die Trommel für eine dritte Gesamtschule . . .

Walsken So ein Thema aus dem Kommunalwahlkampf herauszuhalten, ist sicherlich immer schwierig, vor allem, wenn man von einer Idee überzeugt ist. Zum Thema selbst kann ich Ihnen aber ganz deutlich sagen: Wenn Leverkusen sich heute für eine dritte Gesamtschule entscheiden würde, müsste ich den Antrag rundheraus ablehnen.

Warum?

Walsken Weil ich als Präsidentin der kommunalen Aufsichtsbehörde auch immer den arg gebeutelten städtischen Haushalt und dessen Sanierungskonzept zu beachten habe, die unter keinen Umständen gefährdet werden dürfen. Und eine Gesamtschule — gleichgültig, ob sie am Ende nun zehn oder 13 Millionen Euro kostet, ist für die Stadt Leverkusen zurzeit finanziell nicht darstellbar.

Das sehen Ihre Parteigenossen von der SPD aber ganz anders. Sie argumentieren mit dem Elternwillen und 150 abgelehnten Gesamtschulanmeldungen für dieses Schuljahr.

Walsken Ich finde, die Entscheidung über eine Schulform kann man nicht nur an quantitativen Erkenntnissen festmachen. Wenn man nämlich etwas genauer auf die Anmeldezahlen blickt, sieht man, dass beispielsweise die Schlebuscher Gesamtschule extrem gut nachgefragt ist, die Rheindorfer sich aber deutlich schwerer tut. So etwas zu ignorieren, kann böse Folgen haben.

Können Sie das noch genauer beschreiben?

Walsken Ich möchte Fehler vermeiden, wie sie etwa die Stadt Duisburg gemacht hat. Dort sind über die Jahre hinweg so viele Gesamtschulen entstanden, dass einige von ihnen heute überhaupt keine eigene Oberstufe mehr besitzen. So etwas will ich in Leverkusen auf keinen Fall erleben.

Und die Sekundarschule?

Walsken Den Leverkusener Ratsbeschluss für eine Sekundarschule, die ja — quasi als kleine Schwester der Gesamtschule — breit aufgestellt werden und mit starken Partnern in der Oberstufe kooperieren soll, befürworte ich grundsätzlich. Das scheint mir zurzeit die beste Lösung zu sein. Denn die für eine Kooperation mit der Sekundarschule notwendigen Oberstufen-Kapazitäten sind mit Gymnasien und Berufskollegs ausreichend vorhanden. Außerdem ist eine Sekundarschule finanziell darstellbar. Aber natürlich: Auch hier werde ich darauf achten, dass keine Kosten aus dem Ruder laufen. Eine investive Netto-Neuverschuldung in Leverkusen — egal für welche Schulform — wird es mit mir nicht geben.

PETER KORN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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