Terror in Paris Das Schlimmste war die Angst um die Kinder

Leverkusen/Bonn/Paris · Bayer Leverkusens frühere Frauentrainerin Doreen Meier war während der Anschläge mit ihrer Schulmannschaft in Paris.

 Doreen Meier berichtet über Paris.

Doreen Meier berichtet über Paris.

Foto: Miserius, Uwe (mise)

Doreen Meier klingt spürbar erleichtert. Sie ist wieder zu Hause. Drei Tage Paris mit 15 Jugendlichen - darauf hatte sie sich besonders gefreut. Die 47-Jährige, die 2008 bis 2012 Bayers Fußballerinnen trainierte, war mit ihrem Schul-Fußballteam unterwegs. Meier ist Trainerin an der internationalen Schule in Bonn. Sie plante diese Reise, weil sie mit den jungen Leuten ein paar Kilometer entfernt vom "Stade de France", in dem das Freundschaftsspiel Frankreich-Deutschland lief, an einem dreitägigen Fußball-Turnier internationaler Schulen teilnehmen wollte. Die Jugendlichen, die bei Gasteltern untergebracht waren, freuten sich auf ein friedliches Miteinander der Kulturen. Was aber gedacht war als gelebte Integration - wurde für die Teilnehmer zu einem Alptraum. "Das wünscht man wirklich niemandem", sagt Meier rückblickend auf die Anschläge in Frankreichs Hauptstadt und die Stunden voller Angst bis klar war, dass es den Schülern gut geht. Die 15- bis 17-Jährigen waren in der Stadt verteilt bei Privatpersonen untergebracht. "Meine größte Sorge war, dass sich der eine oder andere nicht an die Absprache gehalten hat und womöglich in Paris unterwegs war." Und dann war da permanent diese Angst: "Ich bringe eines der Kinder nicht wieder nach Hause. Das war für mich der schlimmste Gedanke." Diese Angst hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet.

Das Krisenmanagement der Schule in Bonn, aber auch der Turnierorganisatoren sei hervorragend gewesen. "Was an Hilfe, gerade auch aus Deutschland, geleistet wurde, war toll", lobt Meier, die von einer "enormen Unruhe" erzählt, weil das Telefon nicht mehr still stand. In kürztester Zeit konnten alle Gastfamilien erreicht - und die besorgten Eltern in Deutschland über das Wohl der Kinder informiert werden. "Mir war das Wichtigste, dass alle in Sicherheit sind. Die Kinder hätten ja genauso gut auch mit ihren Gastfamilien unterwegs sein können", erklärt Meier, die wie alle Trainer in einem Hotel untergebracht war und im Nachhinein selbst Glück hatte, sich gegen einen Abend in der Stadt entschieden zu haben.

"Mein Plan war, zum Louvre zu fahren, mir ein bisschen was anzusehen und dann zentral das Spiel anzuschauen", sagt Meier. "Ich stand schon in der Metro, bevor ich es mir doch anders überlegt habe, weil ich einfach zu müde war." Die 47-Jährige entschied sich gegen das Public Viewing: "Vielleicht war das die beste Entscheidung meines Lebens. Wenn ich sehe, was passiert ist, bin ich froh, dass ich einfach zu kaputt war." Meier lief aus der Metro direkt zurück ins Hotel, wo sie sich das Spiel vom Bett aus ansah. Zunächst ohne Ton, weshalb sie auch lange nicht mitbekam, welche Grausamkeiten sich während der Partie ereigneten. "Plötzlich bekam ich einen Anruf von der Schule, dann brach die große Unruhe aus."

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"Es waren ständig Sirenen zu hören. Bei jedem Licht, das aufflackerte, jeder Tür, die zuflog, hatte ich ein ungutes Gefühl", sagt Meier. Der letzte Spieltag am Samstag wurde natürlich abgesagt. Die Kinder trafen sich vor der Abreise auf dem Platz, auf dem die zentrale Abschlussfeier vorgesehen war. Meier beschreibt einen sehr emotionalen Moment. "Wir haben uns intensiv umarmt und waren nur froh, dass es allen gut geht." Mit Bussen ging es zum Hauptbahnhof, von wo aus alle mit dem Zug die Heimreise antraten. "Es herrschte eigenartige Ruhe im Bahnhof", beschreibt Meier, die sich gestern noch spürbar bemühte, das Erlebte zu sortieren. Sie beendete das Telefonat mit einem Wunsch: "Wissen Sie, ich bin Lehrerin für Geschichte, Politik, und Ethik, und ich bin Klassenlehrerin einer Migrationsklasse, in der auch Flüchtlingskinder sind, und unterrichte das Fach Deutsch. Wenn man weiß, dass die Menschen in Syrien vor genau diesem Terror flüchten, den wir in Paris erlebt haben, darf es keine Diskussion darüber geben, ob man diesen Menschen in Not helfen muss. Integration ist etwas, was ich in der Schule jeden Tag lebe. Was mir durch das Ereignis noch einmal deutlich wurde: Dass man Menschen helfen und sie integrieren muss. Die Sprache ist dabei der Schlüssel. Das erzähle ich am Montag gleich in der ersten Stunde."

(RP)
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