Raoul Schoregge Poetische Zirkusreise ins Shanghai der 30er und 40er Jahre

Leverkusen · Produzent Raoul Schoregge gastiert mit dem Chinesischen Nationalcircus im Forum.

 Die Frau mit dem Einrad auf einer Kugel und durch die Luft wirbelnden Schüsseln - eine spektakuläre Nummer im Programm "Shanghai Nights".

Die Frau mit dem Einrad auf einer Kugel und durch die Luft wirbelnden Schüsseln - eine spektakuläre Nummer im Programm "Shanghai Nights".

Foto: Circus

Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Chinesischen Nationalcircus?

Schoregge Das ist kein physisches Konstrukt, sondern ein Label, unter dem außerordentlich gute Artisten vereinigt sind. In China gibt es rund 1000 Zirkustruppen inklusive Zirkusschulen. 50 davon gehören zur Ersten Liga, aus dieser kommen dann die besten Artisten. Mit dem chinesischen Kulturministerium ist vereinbart, dass diese Künstler sich im Ausland als Chinesischer Nationalcircus präsentieren dürfen. National bezieht sich dabei auf die Nationalitäten und Kulturen in China.

Wie passen Sie da als Produzent rein?

Schoregge Mein Vater hat mich früh an asiatische Kunst herangeführt. Ich war in meinem Vorleben Clown. Chinesische Zirkusartisten habe ich bei gemeinsamen Auftritten kennengelernt und mich in diese Kunstform verliebt. Ich habe bei André Hellers Chinesischem Nationalcircus gearbeitet und ihn vor 14 Jahren als Produzent übernommen.

Was fasziniert Sie so?

Schoregge Diese Akrobatik ist keine kommunistische Erfindung, sonder eine Kulturform mit 2000-jähriger Geschichte. Für die Chinesen ist das eine Hochkultur. Was die Artisten leisten, hat mittlerweile eine unglaubliche Qualität erreicht.

Ist das Programm am Dienstag dann eine Hochleistungsschau?

Schoregge Nein. Ich will weg von Höchstleistung auf Teufel-komm-raus. Leute kommen in den Zirkus, um berührt zu werden - von Menschen, nicht von Akrobatik-Maschinen. Die 25 Artisten sollen Platz haben, sich als Personen einzubringen. Der Zirkus, wie ich ihn verstehe, dient als Türöffner oder als Brücke zu anderen Kulturen. Das Publikum soll darin Einblicke bekommen.

Wie öffnet die Show diese Türen?

Schoregge Es wird nicht eine Nummer an die andere gereiht. Wir erzählen über zwei Stunden eine spielerische Szene mit Archetypen. Die Bühne wird zum Teehaus der 30er und 40er Jahre in Shanghai. Die Stadt war damals ein Schmelztiegel, in dem sich alle möglichen Leute trafen: Arbeiter, Seemänner, Kurtisanen, Taschenspieler, Maffiabosse, das Mädchen von nebenan. So entsteht eine Collage an Erzählsträngen und alles bleibt im Spielfluss. Die Akrobatik passiert fast nebenbei.

Was ist an Akrobatik dabei?

Schoregge Vasenjonglieren, das hat in China ein lange Tradition, aber auch Schlangenmädchen. Sehr spektakulär ist eine Einradfahrerin auf einer Kugel, die mit dem Fuß dabei Schüsseln in die Luft wirft und diese mit dem Kopf fängt.

LUDMILLA HAUSER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Info Chinesischer Nationalcircus, Dienstag, 22. April, 20 Uhr, Forum. Karten (ca. 26-49 Euro) an der Abendkasse.

(RP)
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