Leverkusen Politik-Rückzug: Bürger rufen Bosbach zu Hause an

Leverkusen · Das Telefon stand am Dienstag wieder einmal nicht still im Hause Bosbach in Bergisch Gladbach. Doch diesmal waren es weniger die Politikerkollegen oder Medienleute als vielmehr einfache Menschen aus der Stadt oder den Nachbargemeinden, die ihren Bundestagsabgeordneten persönlich sprechen wollten.

 Ist seit 1994 insgesamt sechs Mal in Folge direkt in den Bundestag gewählt worden, zuletzt mit 58,5 Prozent: Wolfgang Bosbach.

Ist seit 1994 insgesamt sechs Mal in Folge direkt in den Bundestag gewählt worden, zuletzt mit 58,5 Prozent: Wolfgang Bosbach.

Foto: uwe miserius

Das ist kein Problem, denn Bosbach steht für alle einsehbar im Telefonbuch. Und so wollten ihm gestern viele noch einmal alles Gute wünschen, ihm versichern, dass sie seine Entscheidung respektieren oder einfach loswerden, wie traurig sie sind.

Am Morgen hatte der 64-Jährige in der Sitzung des Kreisvorstandes der CDU Rhein-Berg bekanntgegeben, bei der Bundestagswahl 2017 nicht mehr als Kandidat zur Verfügung zu stehen. Bosbach war seit 1994 insgesamt sechs Mal in Folge direkt in den Bundestag gewählt worden, zuletzt mit einem Traumergebnis von 58,5 Prozent.

"Bitte kein Nachruf"

Sichtlich bewegt habe Bosbach für seine Entscheidung "ein ganzes Bündel von Gründen" angeführt, heißt es in einer Erklärung der Kreis-CDU - sowohl politische als auch sehr persönliche.

Der 1952 in Bergisch Gladbach geborene Bosbach ist seit 1972 Mitglied der CDU. 1994 zog er erstmals in den Bundestag ein. In den Folgejahren machte Bosbach als Innenpolitikexperte von sich reden. Der verheiratete Vater dreier Töchter ist seit längerer Zeit an Krebs erkrankt. Er könne schlichtweg nicht mehr garantieren, sich über eine ganze Legislaturperiode hinweg mit vollem Einsatz seinen Aufgaben widmen zu können, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion - nur, um gleich hinzuzufügen: "Jetzt aber bitte keinen Nachruf."

Würdigungen seiner Person gab es dennoch reichlich. Der CDU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Rainer Deppe erinnerte an die unvergleichliche politische Karriere Bosbachs, durch die dieser zu einem der bekanntesten und beliebtesten Politiker Deutschlands geworden sei: "Wir hätten Wolfgang Bosbach gerne für eine weitere Wahlperiode aufgestellt", sagte er. Auch in Leichlingen machte Bosbachs Ankündigung viele traruig. Bei der Leichlinger CDU hieß es gestern, man bedauere die Entscheidung, akzeptiere sie aber auch. "Wolfgang Bosbach steht seit vielen Jahren mit ehrlichen und offenen Worten für seine Meinung ein. Dafür schätzen wir ihn alle sehr", sagte Stadtverbandschef Maurice Winter. Trotz seiner schweren Erkrankung habe er sich nie den Mut nehmen lassen und sei stets voller Freude und Tatendrang bei der Sache gewesen "und hat uns bestens in Berlin vertreten. Neben seiner fundierten Meinung, insbesondere in der Innenpolitik, schätze ich sehr, dass er eine rheinische Frohnatur ist: klar in der Sache und menschlich im Umgang", betont Winter: "Das durfte ich bei verschiedenen Diskussionen oder Veranstaltungen immer wieder persönlich erleben."

Bosbach selbst erinnert sich gerne an "die vielen schönen Begegnungen mit der Familie Reul": Angefangen von Vater Karl Reul ("Er war mir ein väterlicher Freund und Ratgeber") über die Söhne Herbert und Rainer bis hin zu Tochter Barbara Reul-Nocke, "mit der ich zusammen in derselben Anwaltskanzlei gearbeitet habe". Und nicht zuletzt bei den Fassanstichen zum Stadtfest habe er eines immer wieder erfahren: "Die Leichlinger sind herzlich und verstehen es, zu feiern."

(RP)
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