Leverkusen Projekt Lebensläufe(r) wird im Jungen Theater gezeigt

Leverkusen · Flucht und Vertreibung haben viele ältere Menschen in Deutschland erfahren. Sei es, dass sie bei Kriegsende als Vertriebene aus Posen oder Ostpreußen im Westen eine neue Heimat und Arbeit finden mussten oder dass sie aus der DDR in die BRD geflüchtet sind und dabei Besitz, Familie und Freundschaften zurücklassen mussten.

Wer so etwas erlebt hat, müsste sich besonders gut in die Situation von Kindern und Jugendlichen hineinversetzen können, die aktuell als Flüchtlinge in Deutschland Asyl suchen und auf ein Leben in Frieden und Freiheit hoffen. Sie sollten offen sein für Briefpartnerschaften mit jungen, oft traumatisierten Menschen aus Syrien oder Afghanistan. Das war jedenfalls die Idee, die zum Konzept "Lebensläufe(r)" führte.

Junges Theater Leverkusen, Brachland-Esemble und Westdeutsches Tourneetheater (WTT) in Remscheid haben das öffentlich geförderte Projekt im August gemeinsam auf die Schiene gesetzt und zunächst Kontakt zu Flüchtlingseinrichtungen gesucht, um freiwillige junge Briefeschreiber zu finden. Mangelnde Deutschkenntnisse sollten keine Hürde sein, dafür standen Übersetzer zur Verfügung. Doch waren die kleinen Zeichnungen, mit denen die Aufrufe illustriert waren, offenbar missverständlich, erzählt Projekt-Mitarbeiter Dominik Breuer. Die Kinder schrieben an ihre eigenen Großeltern, die in der Heimat zurückgeblieben waren.

Mehr Schwierigkeiten als erwartet gab es auch auf der anderen Seite. Bereitschaft und Empathie bei älteren deutschen Mitbürgern mit Flüchtlingsgeschichte waren längst nicht so groß wie erwartet. Es gab einerseits durchaus Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen, andere waren nicht bereit oder fähig, über die schrecklichen Erfahrungen in der eigenen Geschichte zu sprechen. Es gab bürokratische Hürden, die letztlich durch eine Kooperation mit der Caritas überwunden werden konnten.

Außerdem gab es unerwartete Erfahrungen in vielen Gesprächen und sechs Workshops. Die Projektleiter erfuhren von persönlichen Geschichten, von Problemen und Missverständnisse durch Übersetzungsfehler oder Unwissenheit. Aus rund 500 Kontakten sind aktuell acht Briefpartnerschaften mit unterschiedlich vielen Wechseln entstanden. Zugestellt wurde die Post immer persönlich durch einen Boten. Die Beteiligten wurden porträtiert. Diese Bilder sollen in Fensterrahmen gefasst und ebenso die wie Schriftwechsel in der Wanderausstellung "Lebensläufe(r)" präsentiert werden, die im nächsten Jahr an unterschiedlichen Orten - möglichst auch über die Region hinaus - gezeigt wird.

Den Anfang macht das Junge Theater Leverkusen mit Ausstellungseröffnung und Textpräsentation am 16. Februar. Von dort geht es weiter nach Remscheid ins WTT und Mitte März wieder zurück nach Leverkusen, dann in die Wiesdorfer Christuskirche. Die Präsentation soll nicht das Ende des Projekts sein, das, ganz im Gegenteil, weitere Kreise ziehen soll. Besucher werden ebenfalls zum Schreiben aufgefordert. Vielleicht entstehen so weitere Briefpartnerschaften, zumindest aber sollen sie ihre Gedanken formulieren und so die Ausstellung ergänzen.

(mkl)
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