Analyse Quettingen braucht einen Schlichter

Leverkusen · Die Situation um die Bebauung des Grünzugs zwischen Tor- und Kolberger Straße ist verfahren.

 Der Langenfelder Bauunternehmer Gernot Paeschke will das grüne Areal zwischen Bahnstadt und Feldstraße in Bauland verwandeln.

Der Langenfelder Bauunternehmer Gernot Paeschke will das grüne Areal zwischen Bahnstadt und Feldstraße in Bauland verwandeln.

Foto: Uwe Miserius

Die Stimmung in Quettingen heizt sich auf. Der Kampf um die Grünflächen zwischen Feldstraße und Bahnstadt Opladen wurde durch die Bauvorschläge von CDU, Grünen und OpladenPlus neu entfacht. Die Ratskoalition fordert, dass auf den heutigen Gartenarealen Wohnhäuser gebaut werden. Der Stadtrat soll dazu am heutigen Montag die Stadtverwaltung mit ersten Planungen beauftragen.

Für viele Grundstückseigentümer wäre eine Bebauung die fast einzigartige Chance, ihre lang gezogenen Grundstücksflächen noch zu vermarkten. Das geht nur, wenn möglichst alle Eigentümer zwischen Kolberger Straße und Torstraße mitziehen. Auch die Stadt Leverkusen müsste ihre Flächen zur Verfügung stellen. Einige Familien sind gegen eine Bebauung. Und der Widerstand gegen noch mehr Beton an der Feldstraße wächst in Quettingen.

Der Streit entzweit die Nachbarn. Inzwischen verschärft sich der Tonfall. Einige wenige Politiker und einige Kritiker der Bebauung arbeiten mit Unterstellungen und Verdächtigungen, vor allem im Internet, das als "Brüll-Medium" genutzt wird. Über die Baudezernentin Andrea Deppe wird erzählt, sie sei Kunde eines Bauunternehmens, das an der Feldstraße bauen will. Dabei klingt dies wie ein Korruptionsvorwurf. Dem CDU-Bezirkspolitiker Lucas Melzig unterstellen andere, sich aus Eigeninteresse gegen eine Bebauung zu positionieren. Die Mutter des Christdemokraten hat ein Haus neben dem vieldiskutierten Grünzug.

Beide Unterstellungen zeigen die Dimension der Wut einzelner Quettinger, beide Vorwürfe sind unzulässig. Warum? Die Leverkusener Bürger können froh sein, wenn das städtische Führungspersonal, speziell die Baudezernentin, in der Stadt wohnt. Dann erleben sie die Folgen der eigenen Entscheidungen sowie die Sorgen und Nöte der Bürger hautnah mit. Wer aber in der Stadt wohnt und hier Eigentum kaufen will, kommt nicht umhin, mit Unternehmen private Geschäfte zu machen. Das ist kein ehrenrühriges Verhalten, sondern einfach Lebensrealität.

Das gilt noch mehr für Lucas Melzig. Als Bezirksvertreter muss er in dem Bereich wohnen, für den er gewählt wird. Das sieht das Gesetz vor. Bei all seinem politischen Handeln geht es also immer mehr oder weniger stark um das eigene Lebensumfeld.

Im Fall des Grundstücks seiner Mutter könnte Melzig sogar froh sein, wenn gebaut würde. Dann müssten die großen Bäume auf dem Nachbargrundstück gefällt werden: "Damit bekäme das Grundstück meiner Familie endlich mehr Sonne ab, und es würde nicht mit den Mengen an Nadeln belastet, wie es bislang ist", sagte Melzig auf Anfrage unserer Redaktion. Zudem würde der Grundstückswert steigen. Trotzdem sei er gegen die Baupläne, betonte Melzig, weil Quettingen nicht noch mehr Häuser vertrage. Der Grünzug müsse als grüne Lunge und für die Tierwelt erhalten bleiben.

Bleibt noch das Thema Familie Gösling. Sie will kein Land verkaufen. Dies ist ihr gutes Recht, auch wenn es den Nachbarn nicht passt. Über privates Land wird in der Regel nicht mehrheitlich abgestimmt. Das käme sonst einer Enteignung gleich, "was wir nicht wollen", wie Grünen-Fraktionsvorsitzende Roswitha Arnold beim Ortstermin betonte. Erinnern wir uns: Den heutigen Zustand der Grundstücke, auch die Nichterreichbarkeit des Hintergeländes, haben die Vorväter der heutigen Grundstückseigner verschuldet.

Es ist eine verfahrene Situation, die nach einem Schlichter schreit. Er könnte einen Ausgleich zwischen den Interessen der verkaufswilligen Grundstückseignern und den Gegnern der Bebauung herbeiführen.

(RP)
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