Leverkusen Rasante Dänen demonstrieren Musikgespür

Leverkusen · Das Carion Bläserquintett setzt Musik auch in passende Bewegung um - zu genießen war das in Schloss Morsbroich.

 Heiter, temperamentvoll, virtuos: das Carion Bläserquintett aus Dänemark.

Heiter, temperamentvoll, virtuos: das Carion Bläserquintett aus Dänemark.

Foto: Rune Johansen

Das Auge hört mit. Ja, was für lukullische Genüsse gilt, das funktioniert tatsächlich auch bei Musik. Das Carion Bläserquintett hat es am Sonntagvormittag beim zweiten Besuch bei KulturStadtLev im Schloss Morsbroich bewiesen. Das junge und technisch brillante dänische Ensemble spielt grundsätzlich auswendig. Das hat nicht nur den Vorteil, dass lästiges Blättern und Notensortieren wegfällt. Die Instrumentalisten sind frei und können sich ganz auf die Musik und das - in diesem Falle durchweg exquisite - Zusammenspiel konzentrieren. Was den Carion-Mitgliedern aber noch nicht reicht. Sie bewegen sich auch zur Musik. Nicht übermäßig viel, sonst würde am Ende die Luft knapp bei so großen Spannungsbögen.

Aber sie haben eine Choreografie entwickelt, die nicht nur Selbstzweck ist, sondern Aufbau und Kompositionsstrukturen sichtbar macht. So machte man beispielsweise beim ersten der "Alten Ungarischen Tänze" von Ferenc Farkas immer kollektiv einen Schritt nach vorne oder zurück wenn sich Teile wiederholten.

Vor allem aber wurden Binnenstrukturen sichtbar gemacht. Im Vordergrund spielte ein Instrument seine Solopassage, während die begleitenden Kollegen sichtbar (und hörbar) zurücktraten, musikalische Dialogpartner gingen aufeinander zu und sahen sich an. Besonders auffällig im ersten Satz des Bläserquintetts op.43 von Carl Nielsen, das man als Unterhaltung mit Zwischenrufen, Zwiegesprächen und gemeinsamen Äußerungen verstehen mochte.

Wunderbar weich und gepflegt spielten die Holzbläser das choralartige Thema, mit dem Nielsen, Dänemarks bedeutendster Liedkomponist, den Schlusssatz mit diversen Variationen über diesen Gesang eröffnen lässt. Er hatte es dem Kopenhagener Bläserquintett gewidmet und dessen Mitglieder in den einzelnen Variationen charakterisiert. Hornist David M.A.P. Palmquist, der zudem einige Kompositionen für die Ensemble-Besetzung arrangiert hat, verriet in seiner humorvollen Moderation zwei davon: ein leicht cholerischer Klarinettist und ein etwas langweiliger Fagottist.

Die Übrigen mochten die Zuhörer selbst einordnen, vielleicht so: eine geschwätzige Flöte, ein schwermütiger Oboist und ein einsamer Hornist. Mit munterer Harmoniemusik, einem Quintett des böhmischen Mozart-Zeitgenossen Antonio Rosette, hatte man die passende Musik für einen barocken Spiegelsaal wie diesen im Gepäck. Außerdem gab es, dem Spielzeitmotto "Lebens(t)räume" entsprechend, weitere folkloristisch geprägte Kompositionen: "Rumänische Tänze" von Béla Bartók. Und schließlich den bekannten Walzer Nr. 2 von Dmitri Schostakowitsch, der schon mehrfach als Filmmusik benutzt wurde.

Eine Besonderheit zum Schluss: ein Werk, das drei Mal komponiert wurde. Zunächst als "Grande Étude" vom Teufelsgeiger Niccolò Paganini, dann von Franz Liszt in ein beeindruckendes Klavierstück umgeschrieben. "Dann kam ein Hornist aus Dänemark, der möchte auch gerne wie der Teufel auf der Bühne stehen, aber er spielt keine Geige und kein Klavier", kündigte Fagottist Niels Anders Vedsten Larsen am Sonntag das rasante Arrangement von Hornist David Palmquist an.

Der erwies sich als sehr kollegial, denn jeder durfte mal seine Virtuosität unter Beweis stellen, selbstverständlich auch optisch deutlich.

(mkl)
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