Leverkusen Safe-Diebe in die Flucht geschlagen

Leverkusen · Die Tat war ein Stück aus dem Horrorkabinett: Zwei Männer steigen in ein Haus ein, bedrohen ein Ehepaar, um einen Safe zu knacken. Die Opfer schlagen die Täter in die Flucht. Ein Verdächtiger wurde überraschend frei gesprochen.

LEVERKUSEN/KÖLN Es war ein denkwürdiger Prozess am Kölner Landgericht. Am Ende stand ein Urteil mit Seltenheitswert: ein Freispruch wegen erwiesener Unschuld. Auch der Verlauf der Verhandlung dürfte die Beteiligten noch einige Zeit begleiten. Eigentlich sollte im Mittelpunkt ein Raub stehen. Bewaffnet mit Schreckschusswaffe, Gummiknüppel, Elektroschocker und Pfefferspray stiegen zwei Männer im Juli 2007 nachts in ein Haus in Bürrig ein. Sie waren an die Kombination des Safes gekommen, vermuteten dort 20 000 Euro.

Im Wohnzimmer trafen sie auf die Bewohner. Das Ehepaar wurde bedroht, der Mann erhielt zwei Schläge mit der Pistole gegen den Kopf. Trotzdem boten die Eheleute den Räubern die Stirn, so dass diese beeindruckt von der Resolutheit des Paars ohne Beute die Flucht ergriffen. Das vermeintliche Räuber-Duo war von der Polizei schnell ausgemacht: ein heute 25-Jähriger aus Wuppertal und ein befreundeter 24-Jähriger aus Schwelm.

Fast unfassbare milde Strafe

Vor dem Amtsgericht Leverkusen gestand der 25-Jährige, erhielt eine Bewährungsstrafe (ein Jahr, neun Monate). Als Komplizen gab er damals den Schwelmer an. Der bestritt die Tat. Ihm drohte nun eine Strafe von mehr als vier Jahren, daher wurde sein Verfahren ans Landgericht Köln überwiesen. Dort wurde er gestern von einer goldenen Brücke des Richters empfangen: Der Vorsitzende bot dem 24-Jährigen die gleiche, angesichts der Tat fast unfassbare milde Strafe an, die sein Mittäter in Leverkusen erhalten hatte. Nur hätte er dafür ein Geständnis ablegen müssen.

Seinen Verteidigern zufolge war der Schwelmer nun bereit, eine Straftat zuzugeben, die er nicht begangen hatte. Aber die Anwälte hätten ihm abgeraten, obwohl sie so Gefahr liefen, ihren Mandanten ins Gefängnis zu bringen. Dass er den Saal letztlich mit einem Freispruch erster Klasse verließ, lag an seinem ehemaligen Freund. Der kippte alle seine in den vergangenen fast drei Jahren gemachten Aussagen bei Gericht und Polizei: Nicht mit dem 24-Jährigen – dessen Auto er sich für die Tat geliehen hatte, worin später von den Ermittlern Tatgegenstände gefunden wurden –, sondern mit einem Bekannten aus Wuppertal habe er die Tat begangen.

Warum er gelogen hatte? Weil ihm signalisiert worden sei, dass er mit dieser Aussage Bewährung bekomme. Und weil "ich Angst um meine Gesundheit hatte, wenn ich meinen richtigen Mittäter nenne".

Dessen Vater sei in zwielichtigem Milieu unterwegs und wegen Totschlags verurteilt. Am Ende entschuldigte sich der 25-Jährige beim Angeklagten, dieser bedankte sich für die späte Kehrtwende. Sogar ihr einst gutes Verhältnis wollen sie wieder aufleben lassen. Einen ersten Freundschaftsdienst leistete der Schwelmer bereits gestern. Er sei an einer juristischen Verfolgung des 25-Jährigen (wegen falscher Verdächtigung) nicht interessiert.

Die Ermittlungen gegen den offensichtlich wahren Mittäter am Einbruch in Bürrig haben dagegen gestern erst begonnen.

(RP)
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