Leverkusen Schießerei: Sicherungswahrung für den Täter?

Leverkusen · Dass der 33-jährige Angeklagte, der sich derzeit vor der 11. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts wegen eines versuchten Totschlags im Juli 2014 sowie des gewerbsmäßigen Handels mit Drogen und unerlaubten Besitzes von scharfen Waffen zu verantworten hat, nicht mit einem milden Urteil rechnen kann, zeichnete sich bereits im Verlauf des Verfahrens ab. Aber für den gebürtigen Türken könnte es noch "dicker" kommen: Gestern äußerte die Kammer erstmals das Wort "Sicherungsverwahrung", über das die Richter nachdenken.

Diesen Hinweis gab die Vorsitzende Richterin, nachdem sie gestern im großen Sitzungssaal 210 Auszüge aus dem Bundeszentralregister vorgetragen hatte - mit der langen Latte von Vergehen des 33-Jähringen aus der Vergangenheit. Da finden sich die ersten Einträge im Jahr 2005, auch da ging es bereits in einer Verhandlung vor dem Leverkusener Amtsgericht um Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Verfahren vor dem Düsseldorfer und wieder Leverkusener Amtsgericht folgten. Mit Geldstrafen kam er meist davon, bis ihm im Jahr 2012 das Leverkusener Gericht erstmals eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten aufbrummte.

Zu den Geschäften mit Drogen gesellten sich Bedrohungen, unerlaubter Besitz von gefährlichen Waffen, Widerstand und Beleidigungen von Polizeibeamten. Bei einer Bewährungsstrafe musste der Angeklagte eine ganze Reihe von Bewährungsstrafen unterziehen, die er aber mehr oder weniger missachtete oder mit Tricks zu umgehen suchte.

So musste er regelmäßig beim Drogen-Screening Urin-Proben abgeben. Da er wusste, dass er die Tests nicht bestehen konnte, besorgte er sich Urin von einem "cleanen" Kumpel, erhitzte die Flüssigkeit so stark, dass sie beim Abgabetermin auf Körpertemperatur abgekühlt war. Auch hortete er in seiner Wohnung immer noch Drogen, was bei einer Razzia auffiel.

Selbst in der Justizvollzugsanstalt, wo er derzeit eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verbüßt, hat er es geschafft, in den Besitz von Drogen zu kommen. Bei einer weiteren Kontrolle fiel ein Handy bei ihm auf. Diese Strafe sitzt er ab für seine Tat vom 17. Juni 2014. Weil das Opfer seinerzeit nicht den Namen des Schützen preisgeben wollte, kam die Polizei ihm erst nach mühseliger Ermittlungsarbeit auf die Spur und konnte ihn erst nach einer weiteren Straftat, der Schießerei im Juli 2014, festnehmen.

Wie damals das Opfer so große Angst hatte, die ihm bekannten Namen der Täter zu nennen, wurde man auch im laufenden Prozess nie das Gefühl los, dass vieles unter der Decke blieb und Zeugen bedroht wurden. Die Waffen von beiden Schießereien sind übrigens bis heute nicht gefunden worden. Angeblich hat der Angeklagte sie im Rhein bei Hitdorf entsorgt. Aber selbst das scheint bei seinen bisherigen Erklärungen und nicht eingehaltenen Beteuerungen in den vielen früheren Prozessen wenig glaubhaft.

Da das laufende Verfahren mit den zunächst vorgesehenen Verhandlungstagen bis zum heutigen Freitag nicht zum Abschluss kommt, hat das Gericht sechs weitere Termine im August vorsorglich reserviert. Zumal die Polizei immer noch nach einem wichtigen Zeugen sucht, der in diesem Prozess vorgeführt und unbedingt gehört werden soll.

Der Geladene ist - so die Vermutung - wohl lieber aus Angst erst einmal abgetaucht.

(sg-)
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