Leverkusen Schockanruf-Prozess: Streit um Polizei-Abhöraktion

Leverkusen · Mit elektronischen Geräten wurden die fünf Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie am Ende überwacht, als sie in den ersten Monaten des vergangenen Jahres auf Gaunertour waren. Sowohl einige Telefonanschlüsse wurden abgehört, als auch die Gespräche im gemieteten Auto.

 Fünf Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie stehen wegen Schockanrufen vor Gericht.

Fünf Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie stehen wegen Schockanrufen vor Gericht.

Foto: Toni Linse

Wie das genau ging, hätten die Verteidiger - wie die Angeklagten - am Freitag wohl gerne erfahren. Doch dazu machte der Kripobeamte, der die Ermittlungen leitete, kaum Angaben: "Das erledigt eine Spezial-Einsatzgruppe."

Die Elektronik übertrug die Gespräche mittels eines herkömmlichen Handy-Moduls (GSM) direkt auf den Datenspeicher zur Polizei. Dort hörten sich die Beamten immer einen Tag später die Aufzeichnungen an und "verschrifteten" die entscheidenden Gesprächspassagen. Da aber die Übertragung - wie beim herkömmlichen Handy - schon mal ausfiel, wurden die Besprechungen der vier Männer, die zuletzt gemeinsam auf Gaunertour unterwegs waren, auch auf einem Chip des Abhörgerätes direkt im Auto gespeichert.

So hatte die Polizei schon bald eine Vorstellung von dem Vorgehen der Angeklagten, die ältere Frauen anriefen und sie mit der Nachricht von schwer verletzten Angehörigen schockten. Damit wollten sie bei den Opfern Geld oder Schmuck für vermeintliche Operationen ergaunern.

Hier setzt die Strategie der zehn Verteidiger an, die zwar die Taten nicht widerlegen können, aber verhindern wollen, dass ein Großteil davon bei der Urteilsfindung berücksichtigt wird. Die Polizei hätte nämlich, so deren teils sehr lautstark vorgetragene Argumente, ab dem 14./15. April verübte Taten mit einer schnellen Verhaftung verhindern können.

Ein Rechtsanwalt "regte" sich bei seinem Vortrag so auf, dass er gleich eine zweiminütige Prozesspause beantragte, um sich wieder zu beruhigen.

Polizei und Staatsanwaltschaft sehen das natürlich anders. Zunächst waren ihrer Darstellung nach nämlich nicht alle vier Männer namentlich identifiziert; vor allem dauerte es, bis der in Essen wohnende Beteiligte erkannt werden konnte.

Zudem wollte man die Struktur und Hierarchie dieser Bande ermitteln - was letztlich auch das Strafmaß der einzelnen Beteiligten bestimmt.

Die Staatsanwältin wies zudem noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass die Ermittler dem Richter absolut belastbare Unterlagen für einen Haftbefehl hätten vorlegen wollen.

So wurde "erst" am 29. April 2014 der Haftbefehl erlassen. Die Angeklagten durften sich aber noch über sechs weitere Tage ohne Knast "freuen". Erst am 5. Mai erfolgte die tatsächliche Verhaftung "auf frischer Tat" (Kripo), weil die mobilen Einsatzkräfte erst für diesen Tag verfügbar waren.

Erklärt wurde das mit Personalengpässen bei der Polizei, zum Teil bedingt durch die Osterferien und die Polizei-Einsätze wegen der Feierlichkeiten zum 1. Mai.

Letztlich aber, so betonte es der Kripo-Beamte, kam man mit einer - im Vergleich zu anderen Banden-Delikten - sehr kurzen Ermittlungsdauer zum Erfolg.

Der Prozess vor dem Kölner Landgericht wird fortgesetzt.

(RP)
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