Leverkusen Schüler engagieren sich bei Facebook gegen den Syrien-Krieg

Leverkusen · 350 Fotos, Texte und Videos sammelten Realschüler, um auf das Elend in Syrien aufmerksam zu machen. Zeitweise schauten 1000 Besucher auf die Seite.

"Meinen Sie, Assad liest Briefe?" Diese Reaktion ihrer Schüler auf Evelyn Meessens Vorschlag, eine Protestnote an den syrischen Diktator zu schreiben, gab den Anstoß. Die Hausaufgabe, etwas Sinnvolleres zu überlegen, lösten die Schüler der Realschule Am Stadtpark ganz einfach: Wir machen eine Facebook-Seite. Die Lehrerin war skeptisch, aber alle anderen so überzeugt, dass die Seite "Stop this war!" ("Stoppt diesen Krieg!") im April 2016 erstellt und - so die Bedingung - von diesem Zeitpunkt an konsequent betreut wurde. Es gab 350 Fotos, Bilder, Texte, Videos und viele Links, 430 "Likes" und zeitweise 1000 regelmäßige Besucher.

"Zahlreiche Kommentare zeigen, dass ihr mit eurer Seite eure Ziele erreicht habt: schülergerecht zu informieren, an die Verantwortlichen zu appellieren und das auf eine kreative Art und Weise, indem ihr alles selbst erstellt habt." Das schrieb Evelyn Meessen in einem Brief (nach guter alter Art auf Papier) an ihre Schüler, in dem sie zum Abschluss des Projekts ihre Hochachtung ausdrückte. Sie lobte Energie und Zielstrebigkeit (auch außerhalb der Schulzeit) und die Tatsache, dass sie weitermachten, als im Sommer andere Nachrichten die unerträglichen Zustände in Syrien zeitweise überlagerten.

Natürlich sei allen klar, dass eine Schulklasse den Krieg nicht stoppen könne, aber: "Wenn ihr später einmal in den Geschichtsbüchern eurer Kinder oder Enkel über den furchtbaren Syrienkrieg lest, dann werdet ihr euch mit Sicherheit an das Jahr 2016 und an ,unsere Seite' erinnern können. Und ihr werdet euren Kindern und Enkeln erzählen können, dass ihr nicht nur zugeschaut, sondern dass ihr versucht habt, wenn auch nur in kleinem Rahmen, auf diesen mörderischen Krieg einzuwirken. Das können nicht viele junge Menschen in eurem Alter von sich behaupten." Vielleicht übernimmt das Kölner Dokumentationszentrum und Museum für Migration (DOMiD) einige Bilder und Texte.

Begleitend haben die Schüler Spenden gesammelt. 1222,22 Euro wurden bereits an die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" überwiesen - für Einsätze in Syrien. "Unsere Seite ist nun also an ihrem Ende, der Krieg in Syrien leider nicht", schrieb Meessen und zählte weitere Länder der Erde auf, in denen Demokratien derzeit ausgehöhlt oder abgeschafft werden.

Gelernt hätten ihre Schüler bei dem Projekt eine ganze Menge, sagte die Lehrerin: Fotos und Bilder gestalten, Kunstwerke adressatengerecht erstellen, aktuelle Presseberichte sichten und in verständlicher Sprache zusammenfassen. Wenigstens habe es eine gute Seite im sozialen Netzwerk gegeben, das die Lehrerin nach diesen Erfahrungen noch kritischer sieht als zuvor. So viel Lüge, Hass, Respektlosigkeit, dass sie ermahnte, die Eskalation im Netz zu unterbrechen - und zwar mit Worten von Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller: "Wenn Hassparolen spazieren gehen, geht irgendwann auch ein Messer spazieren."

(mkl)
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