Themenschwerpunkt Wespen Schwärme werden "gemolken" zur Gewinnung von Antiallergenen

Für 2,4 Millionen Menschen droht in den Sommermonaten Lebensgefahr. Das sind drei Prozent der deutschen Bevölkerung, die an einer Insektenstichallergie leiden.

Ein Wespenstich zum Beispiel kann, wenn es den Falschen trifft, von Ausschlag und Schwellungen bis hin zu einem anaphylaktischem Schock, der zum Herzstillstand führen kann, alles mit sich bringen. Dr. Bruno Weyers von der RWTH Aachen und Leiter des Labors Dr. Weyers, rät Allergikern deshalb unbedingt, sich desensibilisieren zu lassen. "Wir reden hier von einer Reaktionszeit von wenigen Minuten, da bleibt kaum Zeit für schnelle Hilfe", sagt er.

Weyers und sein Team sind Spezialisten für Allergenextrakte und das Problemfeld "stechende Insekten", vor allem aber im Bereich der Gewinnung von hochreinem Bienen- und Wespengift, welches zur Behandlung mit Allergietherapien bereitgestellt wird. Im Gegensatz zum Großteil der Branche gewinnt der Diplom-Biologe das Wespengift von lebenden Insekten unter Berücksichtigung des Artenschutzes. "Wenn es irgendwo ein Problem mit einem Wespennest gibt, siedeln wir es, ähnlich wie bei den Bienen, in einer Holzkiste um und setzen es an einem Ort aus, wo es niemanden stört", erklärt Weyers. Haben sich die Tiere dann erholt, werden sie "gemolken". Dafür wird an das Anflugbrett des Nestes eine minimale Spannung angelegt, die bei den Wespen einen Reiz auslöst und sie in eine Unterlage stechen lässt, von der dann das Gift in reiner Form abgelöst wird.

Anders als bei der Konkurrenzmethode, bei der gefrorenen Exemplaren der Giftsack entnommen wird, überleben die Insekten diesen Prozess und verbringen einen normalen Wespenzyklus. Ist das Gift gewonnen, wird es in Chargen zusammengefasst und ist gefriergetrocknet bis zu 15 Jahre bei voller Wirkung haltbar.

Zur Behandlung des Patienten wird es dann in nahezu reiner Form in zunächst kleinen, sich regelmäßig steigernden Dosen verabreicht, bis es schlussendlich die tatsächliche Menge eines Wespenstichs erreicht. Der Körper kann sich so langsam an das Allergen gewöhnen und Antikörper bilden, um den Gefahren einer Reaktion langfristig vorzubeugen.

Für Weyers' Methode spricht nicht nur die Nachhaltigkeit, sondern auch der Nutzen der Tiere. Was viele nicht wissen: Wespen fressen Schädlinge und andere Insekten wie Fliegen, Mücken, Spinnen und Blattläuse.

So sagt Dr. Bruno Weyers sogar: "Ich habe einmal ausgerechnet, dass eine Wespenkolonie pro Saison mehr Insekten vertilgt, als eine ganze Meisenbrut, die jeder in seinem Garten willkommen heißt."

(RP)
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