Leverkusen Schwedt: erst Zwang, dann enge Freundschaft

Leverkusen · Schwedt und Leverkusen verbindet einiges. Die Städtepartnerschaft bedeutet einen regen Austausch.

Am Montag ist Tag der Deutschen Einheit. Wie die zwei Teile von Deutschland zusammengewachsen sind, sieht man am Beispiel von Schwedt an der Oder und Leverkusen. "Es gibt kaum noch Unterschiede", sagt Cornelia Müller vom Büro des Bürgermeisters der Partnerstadt von Leverkusen. Eigentlich könnte man annehmen, so eine deutsch-deutsche Städtepartnerschaft habe sich mehr als 27 Jahre nach ihrer Gründung überlebt. Doch weit gefehlt. "So lange Menschen sie leben, ist die Städtepartnerschaft nicht tot", sagt die gebürtige Schwedterin. Nach wie vor holten sich Kollegen aus der Stadtverwaltung Rat in der Stadtverwaltung der Partnerstadt, "die Kollegen vom Tiefbauamt tauschen sich aus", berichtet Cornelia Müller.

Sie kam 1990 frisch in die Stadtverwaltung und hat als Vertreterin des Presseamts die erste Journalistenreise aus Leverkusen in den Osten betreut. "Das war sehr lustig", erinnert sich Müller. Denn es gab immer wieder Missverständnisse. Die Journalisten fragten nach dem ÖPNV. "Ich hatte die Abkürzung noch nie gehört", sagt die 51-Jährige. Bis sie merkte, dass der Volkseigene Betrieb (VEB) Kraftverkehr gemeint war.

Vorurteile habe sie keine gehabt gegen die Wessis, "die Freude und Neugierde hat überwogen", erinnert sie sich. Alle seien freundlich gewesen. "Ich war erstaunt, wie locker die Leute waren", sagt sie. Die Uckermarcker seien eher scheu, die Rheinländer so fröhlich und entspannt. "Sie kannten auch keine Angst vor der Obrigkeit", betont Müller.

Im Jahr 1989 wurde die Städtepartnerschaft begründet, damals noch zwischen DDR und BRD. "Für uns war es eine Zwangszusammenführung. Wir durften uns niemanden aussuchen und wussten nichts von unserem Glück." Und das sei es wirklich gewesen, sagt die Büroleiterin.

"Wir haben anfangs viel Hilfe bekommen und waren darüber sehr glücklich." Sie erinnert sich noch an das Leverkusener Beratungsbüro in Schwedt. Dort saßen Leverkusener Experten - und haben die Schwedter beraten, "sich privat zu machen". Handwerker etwa, die eine Firma aufmachen wollten. "Vorher war ja alles staatlich." Aber auch praktische Hilfe habe man aus Leverkusen bekommen, ein Feuerwehrauto etwa oder Geräte aus dem Klinikum. "Die Verwaltung erhielt den ersten Kopierer. Das war toll. Vorher haben wir noch mit Matrizenpapier kopiert."

Heute ähneln sich die Probleme der Städte eher - etwa bei den Finanzen. "Schwedt hat ein strukturelles Defizit von momentan 2,5 Millionen Euro." Dazu schrumpft die Industriestadt. Waren es 1989 noch 50.000 Einwohner, sind es heute nur noch 30.000. Der größte Arbeitgeber, die Raffinerie, hat statt früher 8000 nur noch 1200 Beschäftigte.

Dennoch ist vieles besser geworden in den Jahren seit dem Mauerfall. Die Plattenbauten wurden abgerissen, die Grünanlagen neu gestaltet. Bei vielen Dingen holte man sich Hilfe aus Leverkusen. "Es war toll, dass man drüben mit jemandem sprechen konnte", erinnert sich Müller. Sie ist überzeugt, dass die Städtepartnerschaft Zukunft hat. "Man kann immer noch dazu lernen vom anderen", ist sie überzeugt.

(RP)
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